12/3  Adipositas gibt es nicht

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:03

Ich liebe Verschwörungstheorien. Sie haben etwas Magisch-Faszinierendes an sich: der spannende und zugleich irritierende Gedanke, dass vielleicht doch ein Körnchen Wahrheit dahinter stecken könnte. Hinter den Chemtrails etwa, mit denen böse Mächte unsere Atmosphäre vergiften, um die Menschheit auszurotten, oder hinter den heimlichen Zirkeln, die unter sich die Weltherrschaft ausmachen, von den Weisen Zions über die Illuminaten bis zu den Bilderbergern…

Aber auch die positiveren Phänomene dieser Zwischenwelt mag ich: die immer wieder auftauchenden Mythen von der unversiegbaren Gravitationsenergie zum Beispiel, die schon längst in entsprechenden Motoren eingefangen und nutzbar gemacht werden könnte, wenn nicht finstere Interessen dies bis jetzt erfolgreich verhindert hätten…

Einem verschwörungstheoretischen Ansatz bin ich allerdings heute begegnet, der mir eher nicht gefallen wollte, weil er einerseits Verunsicherung auslöst, andererseits gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse dadurch in Frage stellt, dass bekannte Fakten miteinander verknüpft werden, die keinerlei kausalen Zusammenhang haben (aber das gehört offenbar zum gängigen Instrumentarium der Verschwörungs-Handwerker).

Kurz gesagt geht es darum, dass in einem an sich durchaus seriös anmutenden Online-Dienst die Behauptung aufgestellt wird (aufgrund einer Buch-Rezension), Übergewicht und Adipositas seien eigentlich medizinisch harmlos und ausschliesslich dank verschwörerischem Lobbying der Pharmaindustrie zu einer „Krankheit“ hochstilisiert worden, die – mit riesigem Profit – medizinisch behandelt werden müsse. Dabei (das hätten seriöse Studien bewiesen) seien Menschen mit Übergewicht oft gesünder und bei Krankheiten resistenter als Normalgewichtige.

Letzteres ist richtig. Es gibt sowohl den „gesunden Dicken“, der ausser seinem zu hohen Gewicht keines der anderen Merkmale des Metabolischen Syndroms aufweist, als auch den „leicht übergewichtigen“ Patienten, der eine bessere Überlebens-Chance hat als der Dünne (nach dem Motto: „Lieber fett und fit als schlank und schlapp“). Das sind keine neuen Erkenntnisse.

Aber jeder Adiposits-Betroffene weiss und erlebt tagtäglich, was sein zu hohes Gewicht mit ihm macht, wie es seine Lebensqualität beeinträchtigt und wie er an den dadurch begünstigten Folgeerkrankungen zu leiden hat (die der Pharma-Industrie weit mehr einbringen als die Adipositas-Bekämpfung als solche).

Die implizite Aufforderung im genannten Bericht, wer nicht dem Normalgewicht entspreche, solle sich keine Sorgen machen, sich nicht ins Bockshorn jagen lassen und fröhlich weiteressen was er mag… ist fahrlässig und unqualifiziert. So leid einem diese Erkenntnis tun mag.