11/8  Aufgeblasen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 14:58

Nein, nur mit einer Kochsalzlösung gefüllt. Das wird der Magenballon, nachdem er leer über die Speiseröhre in den Magen eingeführt wurde.

Unvergesslich ist mir die Aussage der ehemaligen Show-Biz-Queen Nella Martinetti, die in den letzten Jahres ihres Lebens buchstäblich mit ihrem Gewicht kämpfte, aber gleichzeitig jede medizinische Intervention kategorisch von sich wies. In einem TV-Gesundheitsbeitrag wurde damals die noch kaum bekannte Technik des Magenballons vorgestellt und im Gespräch mit dem Adipositas-Spezialisten Horber sagte sie sinngemäss: Ok, wenn es unbedingt sein müsse und sie sonst nicht abnehmen könne, würde sie sich überlegen, „ein Ballönli“ einsetzen zu lassen…

Aber die Fachwelt ist sich heute aufgrund der bisherigen Erfahrungen einig: der Magenballon ist keine anerkannte und akzeptierte Therapie gegen Adipositas. Der Eingriff wird von den Krankenkassen nicht bezahlt, die Nebenwirkungen können massiv die Lebensqualität beeinträchtigen und der Ballon muss nach 6 bis 12 Monaten wieder entfernt oder ersetzt werden. Wird er herausgenommen, schnellt das Gewicht erneut nach oben.

Umso erstaunter war ich, als ich vor einigen Wochen in einer Zeitungsbeilage von mediasolutions zum Thema Gesundheit einen „Fachbeitrag“ eines Arztes las, der in seiner Klinik am Bodensee (auf der deutschen Seite) eben diesen Ballon als ideale Methode für eine „richtige, schonende und nachhaltige“ Adipositas-Therapie anpreist, unter anderem mit dem Argument, dass die eingesetzte Kugel das Magenvolumen verkleinert und dadurch zu einer früheren Sättigung führe, dass man dabei aber keine Diät einhalten müsse, sondern genau so weiter essen könne wie bisher…

Die Belobigung dieses „kleinen Routeine-Eingriffs“ und die Verharmlosung allfälliger Nebenwirkungen erachte ich als fahrlässige Irreführung aka Verarschung einer Patientenschaft, die bereit ist, nach jedem Strohhalm zu greifen. (Wenigstens wird auf der Webseite der Klinik noch darauf hingewiesen, dass für eine optimale Wirkung das Ess- und das Bewegungs-Verhalten verändert und angepasst werden sollten…)

Natürlich kann man mit dem Ballon abnehmen. Zuweilen wird er eingesetzt, wenn ein Patient im Hinblick auf eine Bypass-OP bereits Fett verlieren muss, damit der Eingriff überhaupt ausgeführt werden kann. Oder wenn besondere Krankheiten eine andere Intervention verbieten. Aber das sind klinische Sonderfälle. Was mir mehr zu denken gibt, das ist die fachliche Kompetenz der Beilagen-Redaktion, die einen solchen PR-Beitrag mit offensichtlichen Fehlinformationen quasi unbesehen ins Blatt nimmt. Soviel zum Zustand der Fachpresse.