21/4 Pflanzenburger im Anmarsch
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 18:44 |
Die Welt ist voller Widersprüche. Erst kürzlich ging die Rede von den Vegi-Ersatzprodukten für konventionelle Fleischspeisen, und dass diese nicht gleich genannt werden dürften wie das tierische Original. Ehrensache für Veganer.
Dann begannen wir uns an den Gedanken zu gewöhnen, dass in wenigen Tagen, ab dem 1. Mai 2017, eine Reihe von Insekten gesetzlich zum Verzehr durch Menschen zugelassen sein werden und dass es Eiweiss-Produkte auf dem Markt geben wird wie Burger und Riegel, die aus Eiweiss von Krabbeltieren bestehen und somit viel umweltfreundlicher sind als die äquivalenten Lebensmittel aus animalischer Quelle.
Und eben gestern Abend sah ich bei den „Kochprofis“, wie man „Vegi-Burger“ herstellt, die diesen Namen echt verdienen, indem sie gänzlich ohne Fleisch auskommen und mit pflanzlichen Rohstoffen und raffinierter Würzung einen perfekten, eigenständigen Genuss garantieren. Soweit so gut.
Aber nun kommt die nächste Ankündigung: da wird laut einem TA-Bericht im Silicon-Valley an einem Produkt getüftelt, das aussieht wie ein originales Hamburger-Pattie, das sich im Biss anfühlt und auch schmeckt wie echtes Fleisch vom Rind… aber das einzig und allein aus Materialien auf pflanzlicher Basis gefertigt wird. Im Unterschied zu dem im Reagenzglas gezüchteten Kunst-Fleisch, das für den ersten Burger eine Viertelmillion Entwickluns-Dollars gekostet hat, sollen diese Gemüseburger bald für alle erschwinglich sein.
Noch wenig weiss man über den effektiven Nährwert dieses „Impossible Burgers“, wie seine Erfinder ihn nennen, und über seine Einbettung in eine industrielle Pflanzenproduktion, die den Regeln der Agro-Chemie-Multis unterworfen ist… aber eine valable Alternative scheint er allemal zu sein, ist doch die Massentierhaltung, die unsere derzeitige Fleischwirtscharft erst möglich macht, eine der Hauptursachen für Klimaerwärmung und Überdüngung der Weltmeere… So könnten wir mit jedem Biss etwas für die Umwelt tun.
5/8 Retorten-Burger
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 21:24 |
In allen Medien hatte er heute weltweit seinen grossen Auftritt. Der erste, im Reagenzglas aus Rinder-Stammzellen hergestellte Fleischklops von 140 Gramm, der aussah wie eine Hamburger-Einlage. Die Testverkoster reagierten verhalten positiv, das Resuktat sei besser ausgefallen als sie es erwartet hätten… aber gemäkelt wurde trotzdem: das Ding sei zäh, habe zu wenig Geschmack und man spüre das fehlende Fett. Dieses wiederum wäre für uns interessant, wenn wir auf der Suche sind nach fettreduziertem Eiweiss.
Als Adipositas-Therapie wäre der Kunstburger allerdings auch für die fettesten Krankenkassen noch zu teuer, hat die Herstellung des Fleischklösschens doch sage und schreibe eine Viertelmillion Euro verschlungen. Dennoch sind die Forscher zuversichtlich, dass in einiger Zeit das Produkt so günstig angeboten werde, dass man es im Supermarkt kaufen könne. So möchten sie einen Beitrag leisten, um künftigen Ressurcen-Engpässen zu begegnen, wenn es darum geht, den Hunger der wachsenden Weltbevölkerung nach Fleisch zu stillen.
Dabei ist die Frage noch nicht beantwortet nach dem ökologischen Fussabdruck, den die massenweise Herstellung des Kunstfleisches – wo auch immer – hinterlassen würde. Dazu braucht es auf jeden Fall gewaltige Labors mit hochgezüchteter technologischer Infrastruktur, Verarbeitsungsstrassen wie bei konventionellen Grossfleischereien und eine ausgeklüge Logistik, um den Schmaus aus der Petrischale unters kaufende Volk zu bringen. – Da wären als alterntive Eiweiss-Lieferanten wohl die Mehlwürmer eine günstigere und naturnähere Lösung, wie wir in einem früheren Blog gesehen haben.
4/9 Der ewige Burger
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:13 |
Ab und zu taucht in den Gazetten die Meldung auf von einem Hamburger, der einmal gekauft und dann im Kühlschrank oder wo immer vergessen wurde. Und als man ihn nach längerer Zeit wieder fand, hatte er sich auf wundersame Weise erhalten, war vielleicht etwas ausgetrocknet, aber wirkte völlig frisch, als wäre er ein aus Plastik gefertigtes künstliches Lebensmittel. Man hielt das für so etwas wie eine urbane Legende, wie die berühmte Geschichte von der Spinne in der Yucca-Palme.
Aber nun kommt die gleiche Story als Video auf YouTube daher und wir können mit eigenen Augen sehen, wie das Schnelle Essen ahasvergleich dem Zahn der Zeit und dem Zerfall trotzt. Ja, wir hören sogar von einem Burger-Museum, in dem sich seit bald 20 Jahren die Beweisstücke stapeln, unübersehbar von Verfall verschont… und sehen mit staunenden Augen eine nicht enden wollende Liste von (bewilligten)Lebensmittelzusätzen, die in dem Produkt enthalten seien… Über 2 Millionen mal wurde das Video bereits angeschaut.
Lebensmittelforscher haben eine simplere Erklärung: Es sei der hohe Fettgehalt (mehr als 50%) und das viele Salz, welche dem Brötchen und der Fleischeinlage ihre Unsterblichkeit verleihen würden. Darüber, wie die Dinger allenfalls noch schmecken, ist nichts zu vernehmen.
3/9 Salzburger Nockerln
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 21:20 |
Eine ebenso traditions- wie kalorienbehaftete Nach- bzw- Süss- bzw. Mehlspeise sind sie, die Nockerln, die den Namen der Stadt Salzburg tragen. Von jedem Speisezettel eines Menschen, der sein Gewicht unter Kontrolle bringen möchte, müssten sie daher rigorosestens verbannt sein.
Rezepte gibt es viele – aber ich habe noch keines gefunden, das fett- und kalorienbewusst gewesen wäre… nicht einmal im reichhaltigen Arsenal der eBalance-Informationen! So muss sich unsereins denn nach linienfreundlichen Alternativen umschauen, zumal im dritten Monat der „ketogenen“ Phase im Ernährungskonzept.
Da bietet sich derzeit in Winterthur eine genüssliche Leckerei dieses Namens an, allerdings kein Gaumenkitzel, sondern ein Augen- und Ohrenschmaus: die Operette gleichen Namens, auch bekannt unter „Saison in Salzburg“, wird von einer exzellenten Truppe gegeben im Casino-Theater daselbst. Es sind fast alles bekannte und beliebte InterpretInnen aus der hiesigen Show- und Künstlerszene und die Presse hat sich denn auch mit Lobesreden zur Première überboten, bei der sich alles einfand, was im öffentlichen Leben Rang und Namen hat.
Eine Besichtigung lohnt sich auf jeden Fall für verschleckte Fans von Süssem. Die Nachfrage ist gross und es empfiehlt sich, rasch zu buchen, im Online-Vorverkauf sind noch einige Tickets zu haben.
Linienbewussten Schleckermäulern in der Region Bern kann als Alternative allenfalls eine Vernissage empfohlen werden, bei der es allerdings nicht um eine klingende „Mehlspeis“ geht, sondern um die Vorführung von garantiert kalorienfreiem Eiskrem oder Glacé in Form von lebensecht und verzehrgerecht nachbeildeten Schmuckstücken… vor denen hier auch schon die Rede war.
25/6 Kommt Kunstfleisch?
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 20:42 |
198 Euro kostet das Kilo Kobe-Beef im Berliner KaDeWe, war in einer TV-Reportage über dieses Warenhaus der Superlative zu vernehmen. Und das ist nachvollziehbar, werden doch die japanischen Rinder, die dieses Fleisch zu liefern haben, ihr Leben lang täglich mit Bier massiert, auf dass ihre Muskeln und geschmeidie bleiben.
Das kann sich ja nun der gute Herr Jedermann wohl nicht leisten, und auch als Rohmaterial für die Burger-Einlage möchte es zu teuer sein. So sinnt der Mensch auf preiswerten Fleischersatz, und dies wiederum hat die Diskussion entfacht, ob wir in naher Zukunft uns unser täglich Eiweiss aus dem Labor kommen lassen, oder noch weiterhin vom Bauern bzw. vom Metzger.
In der Info-Plattform Wired News habe ich den Hinweis gefunden, dass es in letzter Zeit Forschern gelungen sei, Muskelfasern „wie echt“ zu züchten und dass die Zeit nicht mehr fern sein dürfte, da sich das künstlich hergestellte „Fleisch“ kaum noch vom „richtigen“ unterscheiden wird, was sich bis jetzt ja von Quorn und dergleichen noch nicht sagen lässt.
Wenn denn das Fleisch, das wir essen, unter Laborbedingungen hergestellt wird, sollte es ja auch möglich sein, es schon von Anfang an mit den „gesunden“ Omega-3-Fettsäuren und allem anderen, was der Körper zur optimalen Verstoffwechselung braucht, anzureichern. Denn Vieles von dem, was wir heute als Fleischwaren kaufen, ist nicht mehr in naturbelassenem Zustand. „Restrukturiert“ ist eine freundliche Umschreibung für Herstellungsprozesse, die sich hinter verschlossenen Türen abspielen und die z.B. dazu führen, dass das hauchdünn geschnittene Trutenfleisch immer genau in die Verpackungsschale passt, dass der Ochsenmaulsalat in kreisrunden Scheiben wächst und dass die Chicken-Nuggets alle die schön gleichmässigen Grundformen aufweisen, die bei keinen freilaufenden Poulet je zu finden wären.
Also, man würde den heutigen „State of the Art“ der Fleischherstellung lediglich noch etwas optimieren. – Spielt das eine Rolle für unsere Verzehrkultur? Wissen die Kinder heute noch, wo das herkommt, was man Fleisch nennt? Oder meinen sie auch, diese leicht gekrümmten Dinger wachsen auf dem Cervelat-Baum? – In mir jedenflals hat die Lektüre der Erörterung in Wired News eine spontane Lust auf ein gutes altes, zartes und saftiges Plätzli à la minute geweckt, wie es der Liebe Herrgott zum Glück immer noch an den Kälblein entstehen lässt.
6/3 Lob der Schüssel
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 15:38 |
Meistens brauchen wir sie ja zum servieren. Wenn wir aus ihr essen, geschieht dies in der Regel im Diminutiv: aus dem Schüsselchen. Etwa für die gebrannte Crème „nach Grosis Art“ oder den Fruchtsalat auf Panna Cotta.
Am Samstag war ich in einem neu eröffneten Lokal in der Nachbarschaft. Es gehört zu einer Kette und bietet einerseits besondere Burger an, anderseits Speisen in Schüsseln: Bowls. Bunt gemischte Kreationen aus verschiedenen Nahrungs-Elementen, appetitlich und schmackhaft, nicht alltäglich in der Kombination. Nicht übermässig in der Menge, aber doch ausreichend für die Sättigung. Hauptsache: frisch zubereitet.
Und nun lese ich in einem Info-Dienst, dass das Schüssel-Wesen durchaus im Trend liegt: die Buddha Bowl sei der aktuelle Renner. Ein Sammelbegriff für individuell zusammengestellte Esswaren in einer bauchvoll gefüllten Schale, frisches Gemüse kombiniert mit noch gut verwertbaren Resten, lauwarm neben kalt und heiss, ein richtiger Wechselschmaus, bei dem auch das Auge mitessen darf.
Eine gute alte Schüssel, die heute völlig aus der Mode gekommen ist, war die Milchschüssel: darin haben wir jeweils die frische Kuhmilch aufbewahrt, damit sich an der Oberfläche die Rahmschicht bilden konnte, die wir mit einem grossen Löffel abschöpften, um daraus Butter zu fertigen im kleinen Butter-Glas mit der Drehkurbel… Das ist heute völlig aus der Welt verschwunden, wo wir im Supermarkt aus einem ganzen Milch-Regal auswählen können, welches Getränk mit welchen Zusätzen und mit wie wenig Fettgehalt wir haben möchten… Der elegante Alu-Bottich mit dem Rahm-Rückhalte-Mechanismus beim Ausguss hat ausgedient und ist auf dem Weg nach Ballenberg.
Das Schüssel-Revival geht allerdings auch noch andere Wege: die Migros hat eine verschliessbare Mehrweg-Schale aus solidem Rezyklier-Kunststoff eingeführt. Darin kann man Take-Away-Speisen kaufen, die Schale dann ungewaschen zurückbringen, worauf sie beim nächsten Kauf gegen eine gewaschene ausgetauscht wird. Ich habe meine Schale mindestens schon ein Dutzend Mal gebraucht… als reinlicher Mensch habe ich sie allerdings immer selbst in den Geschirrspüler gesteckt, zur Verwunderung des Stand-Personals hinter der Theke. Eine gute Idee, finde ich. Nachahmenswert. Wir können etwas tun, um den Verpackungsmüll einzudämmen.
21/2 Der Fleisch-Fluch
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:19 |
Alles andere nur Beilage. Wie dumm darf Werbung sein? Oder tut sie nur so? Wie ein Anachronismus muten die Botschaften an, die uns die heimische Fleischweirtschaft vermittelt, indem sie so tut, als wären die tierischen Faserzellen das Nonplusultra in unserer Ernährung und die wahre Krönung jeder Mahlzeit. Grill-Ueli for President!
Die Titel-Story in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins DER SPIEGEL deckt schonungslos auf, welche Rolle die heutige Massenproduktion von Fleisch sowohl im Rahmen der Klimaerwärmung spielt, als auch bei der globalen Zerstörung landschaftlicher Ressourcen.
Fleisch, einst unverzichtbares Nahrungs-Element für die Evolution unserer Vorfahren, ist durch den weltweiten Massenkonsum zu einer Belastung geworden: 30 Schweine, zwei ganze Rinder und 400 Hühner vertilgt der durchschnittliche Mitteleuropäer im Laufe seines Lebens… 70% der weltweiten landwirtschaftlichen Nutzfläche dienen einzig der Futtergewinnung für die Fleischproduktion, 80% der gesamten Soja-Ernte werden in der Tiermast verfüttert und 18% der Treibhausgase werden durch die Fleisch-Fabrikation verursacht – mehr als der gesamte Auto- und Flugverkehr zusammen.
Würden alle Menschen auf der Welt gleich viel Fleisch konsumieren wie wir, so brauchte es dazu dreimal unsere Erde, um die Produktion sicherstellen zu können. Eine perverse Vorstellung: die Fleisch-Fabrikation runiert unsere Welt und der Fleisch-Verzehr kann unsere Gesundheit gefährden. Die WHO empfiehlt daher, pro Tag nicht mehr als 86 Gramm Fleisch zu essen, das entspricht etwa einem Wienerli. Wir essen im Schnitt mehr als das Doppelte.
Gibt es Alternativen? Weltweit wird nach Lösungen gesucht: Ersatz-Produkte für Burger aus pflanzlichen Stoffen stehen kurz vor der Einführung. „Zuchtfleisch“, im Reagenzglas produziert, hat sich in den letzten jahren perfektioniert: kostete der erste künstlich herangezüchtete Hamburger noch 250’000 Dollar, ist derzeit das Kilo Retortenfleisch schon für 75 $ zu haben.
Wer es ernst meint mit dem Umweltschutz, sollte also so rasch wie möglich seinen Fleischverzehr reduzieren, auf Ersatz-Produkte ausweichen, die umweltverträglich hergestellt werden, und dabei auch Gutes für seine Gesundheit tun. „Richtiges“ Fleisch von echten Tieren würde so, sagen die Experten voraus, über kurz oder lang zur Luxus-Delikatesse, die sich nur noch die oberste Geniesser-Schicht leisten könnte. Alle andern ernähren sich von Standard-Produkten aus synthetischer Produktion… Oder es gibt – wie in unserer Kindheit – nur noch einmal pro Woche Fleisch.
Ein kurzes Video illustriert die Thematik eindrücklich.
14/9 Kompensation
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 21:25 |
Irrtum, sprach der Igel. Da hatten wir gemeint, künstlich gesüsste Getränke seien zwar nicht das Gelbste vom Ei, aber sie könnten doch einen wichtigen Beitrag leisten zur Reduktion der täglichen Kalorien-Aufnahme. Und es sei den Getränkefabrikanten hoch anzurechnen, dass sie ihre Angebots-Palette laufend um diverse Light- oder Zero-Drinks ergänzen…
Und nun kommen wieder diese lästigen Wissenschafter und müssen alles in Zweifel ziehen! Ein Forscherteam an der Universität von Illinois hat während 10 Jahren das Ess- und Trinkverhalten von 22’000 Leuten beobachtet und ausgewertet. Dabei ist es auf einen interessanten Sachverhalt gestossen:
Personen, die regelmässig künstlich gesüsste „Diät-Getränke“ zu sich nahmen, konsumierten zwar weniger flüssige Kalorien als jene, die mit Zucker gesüsste Limo, Fruchtsäfte oder Alkohol tranken… aber dafür assen sie deutlich mehr zwischendurch, zuckerhaltige, fettige, salzige Snacks und Knabbereien als die andern.
Es schien – so der Schluss des Forscherteams – als ob sie das Kalorien-Defizit der Diät-Getränke unbewusst kompensieren würden. Ebenso denkbar sei auch, dass diese Kompensation sogar „bewusst“ erfolgte, da man ja schliesslich beim Trinken Kalorien „eingespart“ habe, die man nun eben gefahrlos in anderer Form zu sich nehmen könne.
In der Bilanz ergab sich eine deutlich grössere Energie-Menge durch die zusätzlichen (Kompensations-)Snackereien als bei der anderen Gruppe durch die zuckerhaltigen Getränke.
Pech gehabt. Dann bleibt eben doch nur der Griff zum guten alten Hanhnenburger oder zum Mineralwasser aus der Flasche. Ohne Kompensation.
25/2 30 Jahre danach
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:51 |
1985 sind wir uns zum ersten Mal begegnet. Es war Frühling in Salzburg und der internationale Kabarett-Preis „Salzburger Stier“ wurde zum vierten Mal verliehen. Einer der deutschen Preisträger hiess Ottfried Fischer, ein jüngerer, korpulenter (so sagte man damals) Mensch mit einer listig-pfiffigen, gewinnenden Ausstrahlung. Wir sahen uns in der Folge manche Jahre regelmässig wieder, da die „Bisherigen“ immer als Gäste geladen waren und da ich damals als Radiomann einer der verantwortlichen Veranstalter war.
Wir waren beide auf unsere Art „Schwergewichte“, nicht nur kilomässig, und schworen uns damals ewige Treue insofern, als wir uns gegenseitig gelobten, unser Gewicht zu halten und nicht abzunehmen… was man halt so sagt, wenn man jung ist und unbedacht. Trotzdem verloren wir uns mit der Zeit aus den Augen. Als ich Ottfried vor acht Jahren wieder einmal begegnet bin, habe ich ihn für unser Magazin interviewt. Er war inzwischen als „Bulle von Tölz“, als „Pater Braun“ und als Gastgeber in „Ottis Schlachthof“ eine gefragte Persönlichkeit im Fernsehen und auf der Bühne geworden.
Aus gesundheitlichen Gründen, sagte er mir damals, werde er wohl nicht darum herum kommen, gelegentlich daran zu denken, sein Gewicht zu reduzieren… wie er das machen würde, war uns beiden nicht ganz klar, denn auch ich hatte inzwischen wieder etwas zugelegt. Wie auch immer: wir hatten keinen Kontakt mehr bis gestern. Und auch der war reichlich einseitig.
Das ZDF brachte abends eine halbstündige Dokumentation mit dem Titel: „Ottfried Fischer – mein Freund Parkinson“. Der Kampf gegen die unheilbare Krankheit hatte sein Leben zu bestimmen begonnen. Die bisherigen TV-Serien wurden eingestellt, zu anstrengend waren die Drehbarbeiten und zu gross das Risiko, dass es im Rahmen einer Produktion zu einem gesundheitlichen Zwischenfall kommen könnte. Aber Fischer liess sich nicht unterkriegen. Das Filmteam begleitete ihn während eines Jahres und zeigte einen zwar erschöpften, aber von Tatendrang getriebenen Künstler, der sich in ein neues Projekt warf, eine eigene Bühnenshow, mit der er dem „Parkinson“ ein Schnippchen schlagen will… Zu seiner Krankheit hat er ein ambivalentes Verhältnis entwickelt. Einerseits ist er dankbar für die „Entschleunigung“, die sie ihm abnötigt, er kann sie als „Freund“ begreifen, der nun nicht mehr von seiner Seite weicht und der sein tägliches Handeln bestimmt, anderseits nimmt er ihn als herausfordernden Feind und Gegner wahr, mit dem er hadert und den er verflucht, wenn er ihn behindert…
Der Kampf des Mannes um seine künstlerische Autarkie, sein ungebrochener Wille, trotz körperlicher Belastung mit neuem Elan in die Zukunft zu gehen, nötigen Respekt und Bewunderung ab. Wir drücken dir die Daumen, Otti, bleib, wie du bist!
16/4 Hack ist Hack
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 17:18 |
Eine simple Weisheit. Nachdem mich die Werbung mit merklichem Aufwand davon überzeugt hatte, dass es ein besonders guter Burger sein muss, den der TV-Starkoch René Schudel da sogar während des Autofahrens mit seinem Beifahrer verspeist, hatte ich mir einen solchen am McDo-Tresen besorgt. Wie immer hatte er natürlich in der Werbung besser ausgesehen als in Wirklichkeit, aber das wissen wir ja inzwischen und die reale Enttäuschung hält sich in Grenzen. Tatsächlich gab es ein Salatblatt, ein paar vertrocknete Rucola-Blättchen, zwei erkaltete Specktranchen, eine etwas lahme Tomatenscheibe… aber das Fleisch, das muss ich zugeben, das Fleisch war sehr ansehnlich. Einen guten Centimeter dick war das Hack-Plätzchen, so wie auf den meisten Werbefotos abgebildet… aber vom Geschmack her auch nicht besonders überzeugend: eher etwas fade und trocken, so richtig zum Kauen.
Ein Fortschritt, sagte ich mir, gegenüber den millimeterdünnen Hackfleisch-Läppchen, die sich sonst in den Burgern finden… aber von der Konsistenz her doch nicht viel anders. An dieses Burgerfleisch-Phänomen musste ich denken, als ich heute den aktuellen Bericht über die Weiterentwicklung des Kunst-Burgers las. Da hatte doch letztes Jahr ein Professor in den Niederlanden für eine Viertelmillion Euro in der Petrischale im Labor aus Stammzellen Fleisch künstlich gezüchtet, aus dem er einen Burger briet, den er in einer Medienkonferenz öffentlich verkosten liess.
In der Zwischenzeit hat er mit seinem Team an der Weiterentwicklung gearbeitet. Das Interesse seitens der Nahrungsindustrie ist gross – aber die Hoffnung noch klein, dass sich das Projekt auf absehbare Zeit kommerzielisieren liesse. Zu gross noch der Aufwand, zu hoch die Kosten. Und als Erkenntnis bleibt vorläufig nur, dass auch künstlich erzeugtes Hackfleisch einfach nur Hackfleisch ist. Irgendwie tröstlich.