10/11  Gammelfleisch

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 20:54

Plötzlich ist der Skandal in aller Munde: in einzelnen Coop-Filialen wurde abgepacktes Fleisch, dessen Verkaufsdatum abgelaufen war, ausgepackt und an der Frischfleisch-Theke auch nach dem Verfall noch an die Kunden verscherbelt… Natürlich ist das jurisisch gesehen eine Täuschung, ein Betrug, arglisgtig und in einer Bereicherungs-Absicht. Aber ich frage mich trotzdem, was hier schief gelaufen ist.

Wenn ich beim Einkauf aufs Verkaufsdatum achte und ein Stück Fleich kaufe, dessen Datum am nächsten Tag abläuft, so kann es geschehen, dass ich es erst am übernächsten Tag esse… ist es da noch „frisch“? Weil es bei mir zuhause die Datumsgrenze überschritten hat? Was haben wir einst mit Schaudern in den Karl May-Romanen gelesen, dass die Trapper die Bärentatzen so lange beim Fluss vergraben haben, bis sie lebendig wurden… und dass dies die aller-auserlesenste aller Spezialitäten gewesen sei… Oder dass in gewissen Ländern ein Fasan erst dann zum Kochen bereit sei, wenn sich beim aufgehängten Tier die Füsse von selbst abgelöst hätten.

Oder vom Pökelfleisch in den Fässern, das die Welten-Entdecker während Wochen und Monaten übers Meer begleitete. Gut, sie bekamen dann Skorbut, aber das lag am Vitamin-Mangel, nicht am Fleisch. Erst in jüngerer Zeit sind die Schauergeschichten aufgekommen von Fleischskandalen in industriellem Ausmass, als ungekühlte Wagenladungen halb verfaulten Fleisches quer durch Europa gekarrt und irgendwo illegal verarbeitet wurden.

Das hochwertige Produkt, das sich einst bei der Hofmetzgete als sauber und lagerfähig erwiesen hat, ist durch die Massentierhaltung in Verruf geraten, es muss schon abgestorben sein, bevor es zur Schlachtbank geschleift wird. Und auch wenn dort paradiesisch saubere, hygienische Zustände herrschen, ist es durch Frendzusätze möglicherweise so beschädigt, dass es nicht mehr haltbar ist.

Vegetarier können da beruhigt tafeln.


Ein Kommentar zu “Gammelfleisch”

  1. Wysskjc sagt:

    Ich bin in allen Teilen mit HvG einverstanden; das Ärgernis darf nicht der gesundheitliche Schaden sein (das geht so schnell nicht), sondern der ethisch-/moralische Verfall. Der kritisierte Vorfall wäre halb so schlimm, wenn sich die kritisierte Unternehmung nicht als besonders konsumentenfreundlich, besonders sorgfälig im Umgang mit Ressourcen, besonders ethisch „verkaufen“ würde. Und wenn sie nun für zwei Tage die Tür zu ihren Metzgereien für das Publikum öffnet: Da der eigentliche Schaden im Herzen der Manager liegt und nicht in der Hygiene, nützen solche „vertrauensbildende“ Massnahmen nichts.

Comments are closed.