6/2  Dr. Vorbild?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:34

Die Frage taucht immer wieder auf: muss medizinisches oder gesundheitliches Beratungs-Personal Vorbild-Charakter haben? Zu wem haben übergewichtige Patienten mehr Vertrauen: zu einem spindeldürren, sportgestählten Arzt oder zu einem, der selber mit den Kilos kämpft und den Zustand kennt, in dem sich seine Patienten befinden? Und wie steht es mit den Ernährungsberaterinnen? Den Fitnesstrainern?

Meine persönliche Wahrnehmung war bisher die, dass magere Adipositas-Spezialisten bei Betroffenen eher auf Ablehnung stossen als die etwas fülligeren. Der Arzt, der am eigenen Leib erfahren hat, wie schwierig und oft hoffnungslos der tägliche Kampf gegen sich selber und gegen eine adipogene Umwelt ist, stellt andere Fragen, sertzt andere Ziele und geht verständnisvoller um mit denen, die seine Hilfe suchen.

Aber jetzt gibt es eine Erhebung, die bei rund 500 amerikanischen Ärzten durchgeführt wurde. Sie mussten einen Fragebogen ausfüllen und sich selber, ihre Aktivitäten und ihre Einschätzung der eigenen Fähigkeiten beurteilen. Primär ging es um die Frage: Wie häufig spricht der Arzt in der Praxis das Gewichts-Problem seiner Patienten an?

Das Resultat ist verblüffend: übergewichtige Mediziner sprechen die Thematik weniger oft an als ihre normalgewichtigen Kollegen und Kolleginnen (30 zu 50 Prozent). Die normalgewichtigen Ärzte halten sich für kompetenter, ihren dicken Patienten wirksame Empfehlungen zu geben, als die übergewichtigen. Und normalgewichtige Ärzte sind überzeugt, dass die Patienten in ihr Können mehr Vertrauen haben als in das ihrer übergewichtigen oder gar adipösen Kollegen. Und die Normalgewichtigen sind auch deutlicher überzeugt, dass gerade ein Arzt für seine Patienten eine Vorbild-Funktion habe und daher auf keinen Fall selber übergewichtig sein dürfe.

Das ist das Resultat einer Querbeet-Selbstbefragung bei 500 amerikansichen Hausärzten. Ob deren Annahmen – bezüglich der Patienten – auch wirklich stimmen, ist nicht wissenschaftlich erhärtet. Ein entsprechender Gegen-Check wurde nicht gemacht. Wie steht es bei uns? Gibt es individuelle Erfahrungen, welche diesen Befund bestätigen oder widerlegen? Ich bin gespannt.


2 Kommentare zu “Dr. Vorbild?”

  1. mariaelisabeth sagt:

    Ja, ja diese Ratschläge von Aerzten die nicht auf ’s Gewicht schauen müssen
    so sieht dann der Dialog Arzt Patient aus
    Arzt : versuchen Sie den Kaffee Tee ohne Zucker zu trinken !
    Patient: mach ich seit Jahren so
    Arzt : aha aber nehmen Sie doch einfach zum Frühstzück Vollkornbrot
    Patient : mach ich seit Jahren
    Arzt : aha essen Sie keine Süssikeiten ausser anschliessend ans Essen
    Patient: mache ich vielleicht 2 mal pro Monat
    Arzt: nicht mehr ? nur diese Ausnahmen? Sie sollten vielleicht die Wurstwaren sein lassen!
    Patient: Zu Hause esse ich keine Wurstwaren kein fettes Fleisch, nur Vollkornteigwaren, fast nur noch Gemüse Salat etc, nehme für den Salat nur noch je ein Kaffeelöffel Olivenoel und Essig, Meersalz und kein Aromat mehr, trinke höchstens ein mal pro Woche etwas Wein keine Schnäps etc !!!
    was wollen Sie eigentlich ???????
    Ja genau so sieht das aus.

  2. Heidy sagt:

    Es ist gut möglich, dass keineswegs repräsentativ ist, was ich erlebt habe: Mich beeindruckt sehr das Aussehen meines Kardiologen, der perfekt schlank, gepflegt und dynamisch wirkt. Er kommt mir vor wie ein Erzengel. Wiederholt erwähnte er, dass mein Übergewicht ein (weiterer) Risikofaktor sei. Als ich einmal sagte, ich hätte wieder zugenommen, sagte er fast beiläufig und wie ungläubig-erstaunt: „Aber können Sie sich denn nicht an eine Diät halten?!!“ Es klang, als wäre dies die einfachste Sache der Welt. Ich dachte mir: „O je, nein, leider nicht; der Schöne hat ja keine Ahnung.“ Doch weckte die eine, beiläufig hingeworfene Bemerkung derart viel Ehrgeiz in mir, dass es mir in den folgenden Monaten gelang, mit e-Balance 17 kg abzunehmen!
    Der Arzt zeigte sich erfreut, was mir (zusammen mit den vielen spürbaren Verbesserungen, die das geringere Gewicht mit sich brachte) die Kraft gab, das Gewicht seither zu halten, auch wenn ich dafür mehr Sport treiben muss, als mir eigentlich willkommen ist!

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