9/9  Fett und trotzdem fit?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:15

Das ist eine sowohl tröstliche als auch verwirrliche Information, die letzte Woche im Europäischen Herz-Journal publiziert wurde. Zwei breit angelegte Langzeit-Studien haben gezeigt, dass die bekannten Adipositas-Begleiterkrankungen nicht automatisch bei allen Betroffenen in gleicher Weise zum Tragen kommen und dass sich aufgrund des Gewichts bzw. des BMI allein noch keine verlässlichen Prognosen über allfällige Krankheits-Verläufe erstellen lassen.

In der einen Studie wurden die Daten von über 40’000 Patienten ausgewertet, in der anderen sogar von über 60’000 bis zu deren Lebensende. Und es zeigte sich, dass rund 40% der Adipositas-Kranken nicht an den „üblichen“ Komorbiditäten wie Diabetes, Herzkreislauf-Beschwerden, zu hohem Cholesterinspiegel oder Insulinresistenz litten und dass es darunter sogar einen beträchtlichen Anteil von Leuten hatte, deren Fitnesszustand besser war als der von „gesunden“ und normalgewichtigen Personen.

Das heisst nun aber nicht, dass an der Adipositas-Präventionsfront Entwarnung gegeben werden könnte. Im Gegenteil. Denn die Chance, von einer der zahlreichen Begleiterkrankungen betroffen oder verschont zu werden liegt quasi bei 50/50. Es ist also gewissermassen ein Russisches Roulett, das man mit seiner Gesundheit spielt, wenn man es einfach mal „drauf ankommen lässt“. Denn auch wenn einem die typischen metabolisches Erkrankungen erspart bleiben, so hat man doch mit allen anderen Unbequemlichkeiten und Widerwärtigkeiten zu kämpfen, welche durch allzu viel Gewicht, zu grosse Masse, durch zunehmende Unbeweglichkeit etc. verursacht werden.

Ist man jung, kann man das locker wegstecken, kann flink sein, sein Körpervolumen schwungvoll in Bewegung setzen und so tun, als würde es einem effektiv nichts ausmachen… Aber mit zunehmendem Alter fordert die Wirklichkeit ihren Tribut. Und von den Schädgungen der Gelenke ist in der erwähnen Publikation keine Rede. Es ging „nurt“ um Herz, Lunge, Krebsrisiko, Diabetes und weitere metabolische Krankheiten.

Die Fitness, deren sich auch dicke Menschen erfreuen können, ist nicht absolut sondern relativ. Das ist der tröstliche Inhalt der Botschaft. Verwirrlich dabei ist – und ich kenne mich dafür zur Genüge – dass sich nun eine kleine Stimme in mir einnisten kann, die mir mit süsser Tonlage zuflüstert, macht nichts, du bist ja relativ fit, jedes Mal, wenn ich mich entscheiden sollte, ob ich einer Versuchung widerstehen will oder nicht. Das kann ja heiter werden.


Ein Kommentar zu “Fett und trotzdem fit?”

  1. Ich denke diese Studie zeigt auf, was bisher lange unterschätzt wurde: Es gibt auch gesunde und fitte Dicke! Und diese sind oft gesünder als von Natur aus schlanke Menschen, welche sich jedoch schlecht ernähren und keinen Sport treiben. Eine solche Studie sagt nicht, egal – iss nur noch Fastfood. Nein, um ein gesunder und fitter Dicker zu sein muss man sich bemühen. In Amerika gibt es diese Bewegung schon lange – Health at every size! Wichtig in der Prävention ist es den Druck auf die Dicken nicht zu erhöhen, sondern zu helfen. Und Ärzte sollen sich um eine ausführliche Anamnese bemühen, bevor sie Übergewichtige voreilig diagnostizieren und ihre Standart Sätze preis geben…
    Und schlussendlich ist alles im Leben Russisch-Roulette…

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