10/9 Humor ist…
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:25 |
…wenn man trotzdem lacht. So sagt das Sprichwort. Ausgedeutscht heisst das etwa: wer trotz misslicher Lage noch im Stande ist, zu lachen, allenfalls auch über sich selber, der/die beweist, dass er/sie Humor hat.
Diese Art von Humor hat unser Farbfernsehen in den letzten Wochen auf die Probe gestellt. In der Comedy-Serie „TABU“ wurden Gespräche mit Menschen geführt, die sich in einer besonderen, problematischen Lage befinden, sei es durch ein Gebrechen oder eine spezielle Lebens-Situation. Am letzten Sonntag ging es um Adipositas und den Umgang mit zu vielem Körpergewicht.
Verschiedene Medien haben schon im Vorfeld die Frage aufgeworfen: darf man das überhaupt? Darf sich ein Kabarettist über körperliche Gebrechen lustig machen? Darf man Witze reissen über Leute, die es ohnehin schon schwer genug haben? – Ein Redaktor vom „SonntagsBlick“ wollte von mir wissen, wie ich mich zu diesem Thema stelle. Das habe ich ihm auf seinen Wunsch schriftlich mitgeteilt:
„Wir haben die Fernseh-Redaktion bei der Suche nach Mitwirkenden unterstützt, indem wir in unseren Foren und über unsere Verteiler Betroffene aufgefordert haben, sich zu melden. Ich halte die Zielsetzung für legitim und anerkennenswert, VertreterInnen von «Randgruppen», also Menschen, die durch ein bestimmtes Merkmal «anders» sind als der sogenannt normale Durchschnitt, einem «Comedy-Test» zu unterziehen, denn damit werden sie quasi in die Normalität integriert und als Individuen ernst genommen. Ich sage immer: wer soll denn über die Dicken Witze machen, wenn nicht die Dicken selber? Und viele Übergewichtige neigen in einer Art Galgenhumor dazu, sich über sich selber lustig zu machen, indem sie ihr Gewichtsproblem spasseshalber thematisieren, bevor es jemand anderes eventuell in abwertender Absicht tut. Wir bewegen uns hier auf einem schmalen Grat zwischen Selbstironie, Galgenhumor, Spott und Verhöhnung… Und vor allem: die Diskriminierung von «dicken» Menschen ist in unserer Gesellschaft leider immer noch ein alltägliches Faktum, auf allen Ebenen. Über sich selber lachen zu können ist eine lebenserhaltende Fähigkeit. Über «Randgruppen» Witze zu machen ist ein delikates Unterfangen. Renato Kaiser tut dies auf anteilnehmende und nie verletzende Weise. Die Einbettung der Comedy-Elemente in die reflektiven Gesprächs-Ausschnitte schafft Kontraste und baut Brücken zum Verständnis.“
Ich hatte zu diesem Zeitpunkt den Adipositas-Beitrag, der wie alle vorangegangenen sehr schön und sorgfältig gestaltet ist, noch nicht gesehen. Der Journalist hat mit Kritik nicht gegeizt, er bezeichnet die ganze Reihe als „Service pervers“ und von meinen Ausführungen hat er gerade nur den einen Satz über die Diskriminierung übernommen, die es leider nach wie vor immer noch gibt… ganz so, als hätte ich diese Sendung als eine solche bezeichnet.
Zugegeben: die Comedy-Elemente waren wirklich nicht überwältigend, denn es ist auch schwierig, „bissig“ zu sein, wenn es nichts zu beissen gibt… Aber eine so pauschale Abwatsche hat Renato Kaiser nicht verdient. Es ist ihm gelungen, sehr persönliche und berührende Statements einzufangen, und die Betroffenen selber, die in den Sendungen mitgewirkt hatten, zeigten sich sichtlich angetan und erheitert, im Unterschied zu manchen Kritikern, die nun in den sozialen Medien Dampf ablassen.
Wer die Sendung verpasst hat: hier kann sie nachgeschaut werden.
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