Suchergebnisse zu «Neville Rigby»


9/7  Politik-Wechsel

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:38

Ein spannendes Experiment läuft derzeit in England ab. Unter der früheren Labour-Regierung waren zum Teil mutige Aktionen eingeleitet worden, um die Adipositas-Prävention bei Kindern und Jugendlichen im Alltag zu verankern, ich habe an dieser Stelle verschiedentlich darüber berichtet. Mit dem Wechsel in der Regierung zeichnet sich nun auch ein Strategie-Wechsel in der Anti-Adipositas-Politik ab. Zwar ist dieser noch nicht klar fassbar und auch nicht explizit formuliert, aber er scheint im Wesentlichen aus Nebenwirkungen zu bestehen.

Die neue konservative Regierung hat ein rigoroses Sparpaket geschnürt. Davon wurden offenbar auch die Gesundheitsdienste nicht ausgenommen. Tatsache scheint zu sein, dass seit dem Regime-Wechsel plötzlich personelle Vakanzen nicht mehr besetzt werden, dass einzelne Dienstleistungsbereiche unterbesetzt und deshalb überlastet sind. Dass Programme, die kaum begonnen hatten, eingestellt werden.

Die Fachleute sind in Sorge. Das geht aus einer Stellungnahme von Neville Rigby hervor, die in der Online-Ausgabe des Guardian erschienen ist. Rigby ist ein engagierter Medizin-Journalist, den ich letztes Jahr am Europäischen Adipositas-Kongress in Amsterdam getroffen habe. Er ist auch einer der Väter des European Obesity Day. Seine Prognose, dass der absehbare Politikwechsel zu einer Verschärfung der Adipositas-Krise führen wird, ist alles andere als beruhigend. Damit wird Grossbritannien zu einem für alle einsehbaren Live-Labor, in dem sich erkennen lässt, wie die Politik in der Lage ist, eine positive Planung und ein wegweisendes Modell in der Gesundheitsförderung zu demontieren.

Für Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die im Gesundheitswesen Englands eine wichtige Rolle spielen, bedeutet dies eine neue Herausforderung. So etwa für MEND, ein interdisziplinäres Netzwerk, das Hunderte von Programmen für Kinder und Jugendliche anbietet, mit denen richtiges Ess- und Bewegungsverhalten vermittelt und zertifiziert wird, von dem Tausende von Familien profitieren. Eine Institution, die auch für uns in der Schweiz Vorbildcharakter haben könnte. Not müsste erfinderisch machen.


8/5  Amsterdam (3)

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:41

Allgemein, so ist die Auffassung, hat es dieses Jahr deutlich weniger Aussteller, die ihre Produkte präsentieren. Grosse Pharma-Multis fehlen, weil sie entweder keine Angebote mehr im Adipositas-Sortiment haben (Roche und Sanofi-Aventis) oder weil sie die Krise spüren… Gestern Abend eine Einladung von Glaxo-Smith-Kline, die vor der Europa-Einführung des Xenical-Nachfolge-Produktes „alli“ stehen. Mein Tischnachbar ist Neville Rigby, ein britischer Publizist, den ich schon gelegentlich hier im Blog zitiert habe; er ist dabei, ein europäisches Netzwerk zu gründen mit Organisationen, die sich für übergewichtige und adipöse Menschen einsetzen… gut, dass wir uns getroffen haben, da kann was draus werden.

Heute dann Referate aus dem Bereich der Ernährungsumstellung: die alte Diskussion, wie „gut“ eine Ernährung mit wenig Kohlenhydraten gegenüber einer mit wenig Fett abschneidet… vergleichende Versuche zeigen, dass wenig Kohlenhydrate kurzfristig mehr Erfolg brfingen, dass aber wenig nicht viel ist über Langzeitwirkungen und die Nachhaltigkeit des Erfolgs. – Eine spannende Analyse der Sterblickeitsraten aus USA zeigt das „Obesity-Paradox“ auf: es gibt chronische Krankheiten (Nieren-Insuffizienz, Cardiovaskuläre Erkrankungen, Lungen-Probleme und Rheumatismus), mit denen übergewichtige Menschen deutlich länger leben als Normalgewichtige… Das ist zunächst ein rein statistischer Befund, über dessen Ursachen man noch nichts weiss. Zu folgern ist allerdings, dass Magersucht offenbar „lebensgefährlicher“ ist als Übergewicht und der Referent kommt zu Schluss, dass trotz der veränderten Umwelt die uralte genetische Formel im Prinzip immer noch funktioniert: dass angelegte Fettreserven das Überleben auch heute noch zu sichern vermögen… selbst wenn sie im Gegenzug gewisse andere Risiken und Gefahren mit sich bringen. (Der Vortrag löste einige harsche Reaktionen aus, wohl vor allem deshalb, weil diese „Erkenntnis“ zwar für bestimmte Gruppen von Adipösen zutreffen mag, bei denen nicht alle Begleiterkrankungen gleichermassen ausgeprägt sind, aber eben nicht für alle oder gar die Mehrheit…)

Wir werden heute Abend beim Abbott-Nachtessen etwas zu diskutieren haben.