8/10  Fett läuft aus

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:36

Mit etwas Verspätung habe ich mir heute einen Schweizer Kinofilm angesehen, der von der Kritik – zu Recht – freudig gelobt worden ist und der mit dem Schweizer Filmpreis ausgezeichnet wurde: Der Sandmann. Es ist die wunderliche Geschichte eines Mannes, aus dem bei bestimmten Gelegenheiten unvermittelt Sand heraus zu rieseln beginnt, was ihn einerseits in peinliche Situationen bringt, anderseits aber auch zu Träumen veranlasst, in denen er seine unbewussten Wünsche auslebt… Das lässt viel Spielraum für Deutungen und Erklärungen und Interpretationen…

Wer kann es mir verdenken, dass sich mir zwischendurch ein Gedanke aufgedrängt hat, der in diesem Zusammenhang nahe liegt: Was wäre, wenn unsereinem anstatt Sand plötzlich das Fett aus den Kleidern zu tropfen begänne..? Natürlich wäre das nicht so leicht zu beseitigen wie der Sand. Aber der Effekt könnte ein ähnlicher sein, er würde sich auch auf der Waage bemerkbar machen. Man könnte sich gewissermassen schlank träumen!

Aber da verbiete ich mir auch schon jede weitere Assoziation, denn im Unterschied zum Sandmännchen, das den Schlaf bringt, ist uns kein Fettmännchen bekannt. – A propos Fett noch dies: aus England vernimmt man, dass der konservative Regierungschef David Cameron die Einführung einer Fett-Steuer nicht ausschliesst als Massnahme gegen die weitere Ausbreitung von Übergewicht und Adipositas. Das sollten sich unsere ultrakonservativen Wirtschaftliberalen, die gegen jede Lenkungsmassnahme aufheulen, mal auf der Zunge zergehen lassen.




7/10  Vom Überfluss der Welt

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:12

Einst mussten wir es auswendig lernen, das Abendlied von Gottfried Keller, unserem Nationaldichter, mit dem schönen Schlussvers vom „goldnen Überfluss der Welt“. Gemeint war damit – der Tag ging ja zuende – der Sonnenuntergang, der die ganze Natur in ein golden-rotes Leuchten tauchte…

Zum Thema Überfluss bin ich heute auf einen kurzen Trickfilm getossen, der die Mechanismen unserer Überfluss-Gesellschaft anschaulich darstellt. Er nimmt Bezug auf die amerikanischen Verhältnisse, trifft aber eins zu eins auf die westliche Zivilisation insgesamt zu. Dabei geht es nicht (nur) ums Essen, obwohl die Produktion von Nahrungsmitteln genau den gleichen Regeln und Abläufen unterworfen ist. Es geht um „Zeug“, um Sachen, um Ware, um Produktion eben (amerikanisch „stuff“). Und es beginnt mit der Ausbeutung der Ressourcen weltweit, mit der Herstellung und dem Vertrieb von Produkten, mit deren Haltbarkeit und endet schliesslich mit deren Entsorgung. Höchstes Ideal und erstrebenswertetes Ziel ist der gesteigerte Konsum.

Eine der eindrückslichsten Informationen (und der Film ist randvoll gepackt damit) ist wohl die, dass von der gesamten Güter-Produktion der USA sechs Monate nach der Herstellung sage und schreibe 99 Prozent im Abfall landen! Ein einziges Prozent der industriell hergestellten Waren ist von dauerndem Wert und wird länger als sechs Monate genutzt. Wenn dies nicht eine schwindelerregende Zahl ist!?

Daneben mutet es fast harmlos an, dass in Europa rund 50 Prozent der Lebensmittel weggeworfen werden (in einem meist noch durchaus brauchbaren Zustand), weil das Verkaufsdatum abgelaufen ist oder weil die Ware nicht mehr so perfekt aussieht… Wir leben in einer Welt, in der der Überfluss nicht mehr „golden“ ist, sondern zur giftigen Altlast verkommt.

Nur eine Rückkehr zu nachhaltigen Produktionsformen, zu kurzen Distanzen und zu verantwortungsbewusster Nutzung kann diesen Teufelskreis durchbrechen. Würden alle Länder der Welt nach dem aktuellen „Verbraucher-Prinzip“ funktionieren, brauchte es bis zu fünf Welten, um all den Abfall zu entsorgen… ganz zu schweigen vom „Abfall“, der sich in Form von Fett auf unseren Hüften sammelt.




6/10  Steinerne Zeit

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:18

Das war ein Radioprogramm, über das ich mich geärgert habe, obwohl ich mir bei meiner Pensionierung fest vorgenommen hatte, auf derlei Gefühlswallungen zu verzichten, da mich das alles ja nichts mehr anging… Und meine Hand zuckte mehrmals in Richtung Telefon, um mich in die Live-Diskussion einzuwählen, aber dann liess ich es doch bleiben.

Im Talk nach Mitternacht diskutierte der Moderator – an sich ein netter Mensch, den ich seinerzeit eingestellt hatte – mit seinem Publikum über Diät-Erfahrungen, ausgehend von einem wissenschaftlichen Bericht über die sogenannte Paleo-Diät, auch Steinzeit-Diät genannt. Diese sei in USA gerade topmodern und verzeichne sensationelle Erfolge, und gesucht waren Leute, die diese Ernährungsform schon ausprobiert hätten.

Nun ist das Paleo-Ding an sich ein alter Hut, das seit den 80-er Jahren durch die Gazetten geistert, aber offenbar hat ein US-Institut neuere Erkenntnisse dazu publiziert. Die Idee ist simpel: unsere Vorfahren (deren unveränderte Gene wir in unseren Chromosomen immer noch weiter vererben) hätten ausschliesslich vom Fleisch der Tiere gelebt, die sie erlegten, dazu noch von Beeren und den Früchten, an die sie gelangen konnten. Deshalb sind in der Paleo-Diät Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, Gemüse und Früchte erlaubt, aber keinerlei Getreide, Brot, Milchprodukte und überhaupt fertig zubereitete Lebensmittel.

Letztlich ist es eine Low- bis No-Carb-Diät mit ketogener Ausrichtung, die sehr wirkungsvolll sein kann, wenn sie konsequent gelebt wird, und liegt daher durchaus im allgemeinen Trend der Zurückhaltung bei Kohlehydraten. Was allerdings zu bedenken ist: der Steinzeitmensch hatte viel seltener Zugang zu frischem Fleisch als wir es heute haben, er war zudem täglich bis zu 50 Kilometer zu Fuss unterwegs, sei es auf der Jagd oder auf der Wanderung, er musste sehr viel Energie aufwenden, um seine Körpertemperatur in der rauen Umwelt aufrecht zu erhalten, denn er hatte keine beheizte Behausung… sein Leben war um ein Vielfaches entbehrungsreicher und anstrengender als das unsere und es gibt wohl kein adäquates FitnessCenter, in dem diese Umwelt simuliert werden könnte.

Das alles wurde freilich in der Radiodiskussison nicht erwähnt. Dafür plapperten die Anrufenden munter drauflos und prahlten mit den sensationellen Erfolgen, die sie gehabt hätten mit der Max-Plank-Diät, mit Dinner-Cancelling, mit einer speziellen Art von Trennkost, mit einer 1’000-Kalorien-Diät, mit einer Zitronen-Honig-Wasser-Kur und anderen bizarren Rezepten… Zwar mussten die meisten einräumen, dass sie später die verlorenen 5 bis 7 Kilo wieder zugenommen hätten, aber die Diät-Begeisterung der Anrufenden war unüberhörbar. Kaum jemand mahnte zur Vorsicht und plädierte für eine ausgewogene und mässige Kost… – Ich bin dann eingeschlafen und weiss nicht, was die Bilanz der Gesprächsrunde gewesen wäre. Vielleicht habe ich von einem üppigen Desseert geträumt, das die Steinzeitleute sicher nicht gekannt haben…




5/10  Chronische Chronik

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 20:35

Das Hauptwort bedeutet ja eigentlich eine der Reihe nach erzählte Geschichte, Und das Adjektiv bedeutet, vor allem im Zusammenhang mit Krankheit, dass es sich um einen andauernden Zustand handelt, der nicht geheilt, allenfalls etwas gelindert werden kann. Adipositas ist eine chronische Krankheit.

Dem massiven Fortschreiten von meist chronischen sog. Volkskrankheiten war die Talksendung von Sandra Maischberger gestern Abend gewidmet: Der Triumph der Volkskrankheiten – sind wir selbst schuld? -Die Sendung dauerte knapp zwei Stunden. Wer sich für Gesundheitsthemen interessiert, durfte sie nicht verpassen. Wer es doch getan hat oder wer nur einen Teil sehen konnte, dem darf empfohlen wrden, sich die ganze Chronik integral zu Gemüte zu führen. Eine Sendung, die nachdenklich macht, ohne dass sie in billige Sensationshascherei verfällt. Es sind Lebensschicksale, die zeigen, wie tief solche Krankheiten in unsere Existenz eingreifen können und dass wir es letztlich seber in der Hand hätten, etwas zu tun, um zu vermeiden, dass wir betroffen werden.

Die Schlüsselbegriffe sind identisch mit denen, die wir für die Adipositas-Problematik kennen: Ernährung und Bewegung. Beides kann essenziell dazu beitragen, das menschliche Wohlbefinden zu erhöhen, den Organismus länger gesund zu erhalten, bis weit ins Alter… nur wollen wir diese Botschaft wohl nicht wirklich hören und noch viel weniger verstehen. Wie anders wäre sonst zu erklären, dass wir den Sachverhalt zwar kennen oder zur Kenntnis nehmen, aber nicht bereit sind, danach zu handeln?

Die Frage nach der Schuld, die im Sendetitel gestellt wird, lässt sich nicht einfach und allgemein beantworten. Tatsache aber ist, dass wir es weitgehend in der Hand hätten, zumindest prophylaktisch etwas zu tun. Wenn wir es täten. Aber auch das scheint chronisch zu sein.




4/10  Rassismus mit der Waage

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:00

Das ist eine pikante Geschichte. Der republikanische Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, kandidiert für die US-Präsidentschaft. Er ist 49, ein offenbar erfolgreicher Jurist und animal politique, dem man einiges zutraut und in den konservative Hoffnugnen gesetzt werden.

Aber – und das erkennt man auf jeden Bild, auf dem er zu sehen ist – der Mann ist schwer übergewichtig. Adipositas zweiten Grades mindestens, auch wenn er sein genaues Gewicht nicht bekannt gibt.

Dies ruft seine Gegner auf den Plan: mit diesem Gewicht sei er für das höchste Amt im Lande nicht tauglich, das Risiko einer Erkrankung sei zu hoch, das starke Übergewicht lasse auf Charakterdefizite schliessen… und von allen Seiten prasseln Ratschläge auf ihn herab, die wohl gut klingen mögen, aber keineswegs gut gemeint sind, wie etwa der, er solle im Fernsehen keine weissen Hemden mehr tragen.

Kommentatoren aller politischen Couleurs schlagen sich für ihn in die Bresche. Auch wenn sie politisch seine Ansichten nicht teilten, so würden sie sich doch dafür einsetzen, dass er nicht seines Gewichtes wegen diskriminiert werde… Rassismus mit der Waage hat es einer genannt, und darauf hingewiesen, dass es meist die dünnen, sportlichen Präsidenten à la George W. waren, welche das Land in die Bredouille brachten. Und dass es keinem eingefallen wäre, Churchill wegen seiner Leibesfülle die Fähigkeit abzusprechen, sein Land siegreich durch den Krieg zu führen.

Auch die Amerikanische Obesity Society setzt sich vehement gegen Diskriminierung zur Wehr, angesichts der Tatsache, dass in USA über 60 Prozent der Bevölkerung übergewichtig sind. Aber in den letzten zehn Jahren hat die Zahl der Diskriminierungsfälle massiv zugenommen und ist heute gleichauf mit der Rassendiskrimination.

Wäre Adipositas auch bei uns ein politisches Stigma? Würde einem dicken Kandidaten die Wählergunst verweigert? Oder gibt es unter den AnwärterInnen auf einen Nationalrats-Sitz kaum noch beleibte Menschen? Man müsste das mal näher anschauen.

PS: Am Tag darauf steht in den Zeitungen, dass Christie seine Kandidatur zurück gezogen hat. Seine Fans hoffen, dass er es sich nochmals anders überlegt…




3/10  Im Pavillon

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:13

Seit einier Zeit sind wir auf der Suche nach neuen Büro-Räumlichkeiten für unsere Stiftung. Heute sind wir fündig geworden. Wenige hundert Meter von unserem jetzigen Standort entfernt, in einem freistehenden Pavillon im Grünen, an ruhiger Lage mitten im Wohngebiet Zürich-Nord.

Viel Umschwung, idyllische Gartenlandschaft, Ruhe und Beschaulichkeit… das alles sind gute Voraussetzungen für eine erspriessliche Tätigkeit. Und ein wesentlicher Vorteil besteht darin, dass wir im vertrauten Infrastruktur-Umfeld bleiben können, von der Post über die verschiedenen Einkaufsmöglichkeiten bis hin zu erschwinglichen Parkplätzen.

Jetzt heisst es in die Hände spucken, am 1. November ist Umzug, bis dann muss die logistische Planung abgeschlossen sein. Ein solcher Wechsel ist immer auch eine Herausforderung, ein Neu-Anfang und eine Neu-Orientierung. Das gibt Kick und macht Spass und eröffnet neue Horizonte. Also los!




2/10  Der dicke Mann

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:01

Eine Geschichte aus dem Alltag. Dort, wo wir unser Büro haben, gibt es auch einen Kinderhort. Wenn ich dort eintreffe, nach einem gemütlichen Rentnerfrühstück, trifft es sich gelegentlich, dass die Kleinen sich gerade anschicken, unter der Aufsicht ihrer BetreuerInnen nach draussen auf einen Spaziergang zu gehen. Ganz so, wie wir uns das von altersher gewohnt sind: die orangen Reflektor-Schleifen umgelegt, schön paarweise nebeneinander, sich je zu zweit bei der Hand haltend.

So kamen sie mir unlängst auf dem schmalen Weg entgegen, als ein Mädchen in heller Aufregung rief: Da kommt wieder der dicke Mann! – Für einen Moment war ich etwas unsicher, wie ich da reagieren sollte. Schliesslich sagte ich: Das siehst du richtig, der dicke Mann kommt jeden Morgen hier vorbei. – Die BetreuerInnen warfen sich Blicke zu und der Zug marschierte mit kleinen Trippelschritten vorbei. Ich ging ins Haus.

Tags darauf sprach mich einer der Betreuer im Hausflur an. Er entschuldigte sich für die Kinder, das sei natürlich nicht korrekt gewesen. Sie hätten sich dann später in den Kreis gesetzt und gemeinsam darüber gesprochen, dass nicht alle Menschen gleich seien. Es werde nicht wieder vorkommen. – Ich sagte, das sei doch kein Problem, Kinder sprächen nun mal aus, was ihnen durch den Kopf geht, das hätten wir seinerzeit auch nicht anders gehabt.

Wenn ich nun seither dem Kinderzug beim Ausrücken begegne, gucken sie mich mit grossen Augen an. Ich höre dann ein leise gerauntes: Da kommnt der MANN... – Und rufe meinereits fröhlich: Hallo miteinander! Und die mutigeren der Mädchen lachen und sagen: Hallo!




1/10  Fette Steuer

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:41

Die Politiker, die vor Jahren entsprechende Vorstösse ins Parlament brachten (Heiner Studer von der EVP war ein Mann der ersten Stunde) wurden noch belächelt. Auch ich machte damals Vorbehalte: weil Fett ja im Unterschied zu Nikotin und Alkohol keine unnütze Droge sondern ein lebensnotwendiger Bestandteil der Ernährung ist, sei die Umsetzung eines solchem Projektes viel zu kompliziert und zu schwierig in der Überwachung.

Heute Abend geht die Meldung schlank über alle Medien raus: Dänemark führt – als erstes Land der Welt! – eine Fett-Steuer ein. Pro Kilo ungesättigter Fette, die in Nahrungsmittel verarbeitet werden, wird ein Betrag von CHF 2.60 fällig. Die Industrie ist entsetzt und die Konsumenten reagieren spontan mit Hamsterkäufen, bevor die Preise nach oben klettern.

Das Vorgehen Dänemarks zeigt Verschiedenes auf: erstens, dass es offenbar durchaus möglich ist, eine solche Steuer einzuführen. Zweitens, dass es absolut möglich ist, dies auch gegen den Willen der Lebensmitttel-Industrie zu tun. Dieser zweite Punkt ist bedeutsam. Auch Dänemark ist ein kleines Land, eingebettet in den internationalen Food-Markt, autark nur im Sektor der Milch- und Käseprodukte… Und doch hat es den Hosenlupf gewagt mit den grossmächtigen Kartellen, die bisher geglaubt haben, sie könnten weltweit die Regeln diktieren.

Unser Bundesamt für Gesundheit hat seinerzeit bei den früheren politischen Vorstössen verlauten lassen, es swei bereit, eine entsprechende Steuer „zu prüfen“… den Tatbeweis hat der seinerzeitige Direktor, Thomas Zeltner, nicht mehr angetreten. Vielleicht lässt sich sein Nachfolger nun vom dänischen Vorbild inspirieren. Die Zeit wäre reif für einen mutigen Entscheid.




30/9  Expertisen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:52

Ich weiss nicht, ob ich es gut finden soll, dass nun von der Ärzteschaft aus das Referendum gegen Managed Care ergriffen wird. Begründung: weil der Vorschlag der beiden Räte die freie Arztwahl einschränkt und jene Patienten mehr bezahlen müssen, die sich nicht in ein Ärztemodell einbinden lassen wollen.

Bei mir ist es so: Vor etwa einem Monat befiel mich hinterrücks ein heimtückischer Schmerz, der sich dadurch bemerkbar machte, dass er mir bei jedem Schritt eine Empfindung wie ein Messerstich in die rechte Hinterbacke versetzte. Da ich ohnehin schon einen Termin bei meinem Übergewichts-Spezialisten geplant hatte, biss ich die paar Tage auf die Zähne und liess mich von ihm untersuchen, da er auch ein hervorragender Internist ist.

Sein Befund war nicht eindeutig. Es könnte sich um eine Virus-Infektion handeln, meinte er, gab mir eine Spritze, verschrieb mir Schmerztabletten und ein Antivirus-Präparat. Aber alle drei zeigten keine spürbare Wirkung und nach zwei Wochen wurde ein Computer-Tomogramm meiner Steissbeinregion angefertigt. Tags darauf teilte mir die Sprechstundenhilfe mit, man möchte meinen Fall von einem Neurologen begutachten lassen, um mehr herauszufinden. Der untersuchte mich zwei Tage später nach allen Regeln seiner Nervenkunst auf Sensorik, Reflexe und andere Reaktionen… und meinte am Schluss, vielleicht sei er gar nicht der richtige Spezialist, um meinen Fall zu beurteilen, ich gehörte wohl eher in die heilenden Hände eines Rheumatologen oder eines Orthopäden…

Übers Wochenende werde ich mich nochmals durchhumpeln, auf meine Krücken gestützt und den Wänden entlang… dann wird mich der eine oder andere der genannten Experten zu einem Untersuch aufbieten. Wer es sein wird, der mir helfen kann, daraf können jetzt noch Wetten abgeschlossen werden. Aber wahrscheinlich ist das ein zu wenig Gewinn versprechendes Derivat, als dass sich jemand daran beteiligen möchte. – Habe ich jetzt schon Managed Care gelebt? Ich hatte persönlich keine freie Arztwahl, man hat mich ohne mein Zutun in die diversen Praxen geschickt.. wenn mir geholfen wird, ist es umso besser, bezahlen mus meine Kasse ohnehin, ich habe scliesslich auch ein Leben lang brav die Prämien einbezahlt, ohne je die Kasse zu wechseln!




29/9  Marketing-Terror

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:24

Wenn es um die Eindämmung der weltweiten Adipositas-Epidemie geht, so kommt die Rede früher oder später auf die Werbung für „ungesunde“ Nahrungsmittel, für JunkFood. Darunter versteht man landläufig Nahrung mit einer hohen Kaloriendichte, viel Fett, Zucker und Salz. Kurz alles, was dick macht. Und alles, was in der Regel jene Leckerein kennzeichnet, welche man an Kinder verkaufen möchte.

Deshalb steht auch oben auf der Massnahmen-Liste fast aller Länder das Verbot (oder die Einschränkung) von derartiger TV-Werbung, die sich an Kinder unter 12 Jahren richtet. Dabei, soviel hat man inzwischen doch realisiert, geht es nucht „nur“ um die TV-Spots an sich, sondern Anpreisung und Verkauf dieser Lebensmittel sind Bestandteil eines ausgeklügelten und kohärenten Marken-Marketings. Und dieses ist unter die Lupe zu nehmen.

Beispielhaft hat dies letzten Sonntag-Nachmittag eine Radio-Sendung der BBC gemacht. In der Reihe The Food Programme (mit regelmässigen Beiträgen rund ums Essen und um Eernährung) hat Sheila Dillon diesen Komplex durchleuchtet und vermittelt dabei Fakten, die sinngemäss auch auf unsere Situation übertragen werden können.

Kinder – das wird statistisch festgestellt – verbringen so viel Zeit vor dem Fernseher, dass die speziellen Kindersendungen bloss einen kleinen Teil davon ausmachen. Werbung im Umfeld dieser Kinderprogramme zu verbieten, bringt denn auch kaum viel, da  dort, wo es solche Verbote gibt (in England und in Skandinavien etwa) die Werbung für entsprechende Produkte massiv ins Erwachsenenprogramm verlagert wurde. Und da die Kids mehrheitlich auch die Programme und Serien für die Erwachsenen konsumieren, können sie dort bequem abgeholt werden. In Gesprächen mit Kindern zwischen 8 und 10 Jahren wird spürbar, wie intensiv diese die Werbebotschaften erleben und wie stark ihr Verlangen nach bestimmten Produkten und die Identifikation mit den Markenzeichen ist.

Interessant auch die Frage, was wohl passieren könnte, wenn all die Energie und Kreativität, die in die Vermarktung von „ungesunder“ Nahrung investiert wird, in ein Schulungs- und Motivationsprogramm für vernünftiges und „gesundes“ Essen fliessen würde? – Ganz unverblümt antorten die Kids: Verlockende Werbung für einen Apfel oder einen Pfirsich würde sie kaum interessieren…

Dabei stellt sich auch heraus, dass das Fernsehen als Vektor für Nahrungswerbung bei den Kindern nur eine untergeordnete Rolle spielt. Viel bedeutsamer ist der ganze Online-Bereich im PC und auf den Handys, wo die Kids „coole“ Infos untereinander austauschen und weitergeben.

Seit diesem Frühjahr gibt es weltweite Empfehlungen der WHO, aber die sind in der Praxis der grenzüberschreitenden Medien schwer umzusetzen. Internationale Konzerne haben gegenüber der BBC die Auskunft in dieser Sache verweigert und darauf hingewiesen, dass sie sich durch entsprechende Committments eine freiwillige Selbstbeschränkung auferlegt hätten… aber davon ist in der Praxis wenig zu merken, denn wer würde in einem freien Markt von sich aus auf eine Gewinnmaximierung verzichten?!

Weshalb – so lautet das Fazit der BBC-Sendung – ist es gelungen, weltweit die Tabak-Werbung und das Marketing fürs Zigaretten-Rauchen zu ächten, nicht aber das Marketing für Junk Food?

Wohl, wage ich zu vermuten, weil die Zeit dafür noch nicht reif ist. In England ist jedes dritte Kind zu dick. Bei uns erst jedes fünfte.