4/9  Die Englische Ampel

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 21:37

Alle reden darüber, die Food-Konzerne fürchten sie… aber wie sieht sie aus?

England hat für die Information der Konsumentinnen und Konsumenten eine Ampel-Deklaration eingeführt: Rot – Orange – Grün. So einfach ist es. Und die Farben bedeuten: hoch – mittel – tief… bezogen auf den prozentualen Anteil der jeweiligen Substanz in 100 Gramm des entsprechenden Produkts. – Angegeben werden die Werte für Fett, Eiweiss, Kohlenhydrate, Salz.

Wenn es also auf der Packung rote Punkte hat, dann weiss der Konsument, dass er aufpassen muss. Nicht, dass er das Produkt überhaupt nicht kaufen und essen sollte, aber er realisiert, dass er „dosiert“ damit umgehen muss: Keine allzu grosse Menge. Orange geht gerade noch, das kann man bedenkenlos auch nehmen… und grün ist der Hinweis, dass man eine gesunde Wahl trifft. Natürlich enthalten die meisten Lebensmittel einen farbigen Punkte-Mix, denn es kommt am Schluss auf die Ausgewogenheit der Bilanz an.

Aber wenn man verschiedene Produkte miteinander vergleicht, dann sieht man sofort, dass dasjenige mit „mehr grün“ auf jeden Fall die „gesündere Wahl“ ist. – Die Engländer haben das rasch begriffen. Schon weinge Wochen nach der Einführung dieses Systems ist der Verkauf bestimmter Produkte um mehr als 40 Prozent zurückgegangen. Andere, mit mehr grünen Punkten, haben sofort zugelegt.

Die Lebensmittelindustrie in Grossbritannien ist in Aufruhr. Die fünf grössten Produzenten – Kellogg’s, Nestlé, Kraft, Danone und Pepsico – haben sich zusammengetan, um in einer gross angelegten Werbekampagne ihre eigene Deklaration zu propagieren und so die Vorschriften der Regierung zu unterlaufen. Die Lösung der Food-Produzenten informiert darüber, wie viel vom täglichen Bedarf der einzelnen Nahrungs-Bestandteile in einer Portion enthalten ist… (vom gleichen Prinzip geht auch die Deklaration bei McDonald’s aus, wir erinnern uns).

Dieses System aber, da sind sich die Beobachter einig, ist wesenltich „anspruchsvoller“ als die farbige Ampel. Es verlangt eine kognitive Anstrengung, man muss umrechnen, den Dreisatz können… erst durch die Berechnung wird die „Aussage“ überhaupt nachvollziehbar. Und was am meisten zu Buche schlägt: während man sogar einem kleinen Kinde den Farb-Code leicht erklären kann (es kennt seine Bedeutung von der Verkehrsampel her bereits), hat man mit dem prozentualen Tagesbedarfs-Anteil bei Kindern absolut keine Chance. – Und so muss denn das von der Industrie forcierte System zwangsläufig gerade dort versagen, wo es am dringendsten nötig ist bzw. wäre, rasch und wirkungsvoll eine Lenkungsmassnahme zu implantieren!

Die Food-Industrie in England beklagt sich über Tony Blair und wirft ihm und seinen Leuten vor, man würde die Industrie zum Sündenbock für die Adipositas-Epidemie stempeln… – So, wie sich ihr eigener „Code“ im Blick auf die Wirksamkeit bei Kindern auswirkt, wird die Sündenbock-Rolle offenbar durchaus aktiv gespielt. Die Frage bleibt, wie lange die Konsumenten sich das bieten lassen.




3/9  Salzburger Nockerln

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 21:20

Eine ebenso traditions- wie kalorienbehaftete Nach- bzw- Süss- bzw. Mehlspeise sind sie, die Nockerln, die den Namen der Stadt Salzburg tragen. Von jedem Speisezettel eines Menschen, der sein Gewicht unter Kontrolle bringen möchte, müssten sie daher rigorosestens verbannt sein.

Rezepte gibt es viele – aber ich habe noch keines gefunden, das fett- und kalorienbewusst gewesen wäre… nicht einmal im reichhaltigen Arsenal der eBalance-Informationen! So muss sich unsereins denn nach linienfreundlichen Alternativen umschauen, zumal im dritten Monat der „ketogenen“ Phase im Ernährungskonzept.

Da bietet sich derzeit in Winterthur eine genüssliche Leckerei dieses Namens an, allerdings kein Gaumenkitzel, sondern ein Augen- und Ohrenschmaus: die Operette gleichen Namens, auch bekannt unter „Saison in Salzburg“, wird von einer exzellenten Truppe gegeben im Casino-Theater daselbst. Es sind fast alles bekannte und beliebte InterpretInnen aus der hiesigen Show- und Künstlerszene und die Presse hat sich denn auch mit Lobesreden zur Première überboten, bei der sich alles einfand, was im öffentlichen Leben Rang und Namen hat.

Eine Besichtigung lohnt sich auf jeden Fall für verschleckte Fans von Süssem. Die Nachfrage ist gross und es empfiehlt sich, rasch zu buchen, im Online-Vorverkauf sind noch einige Tickets zu haben.

Linienbewussten Schleckermäulern in der Region Bern kann als Alternative allenfalls eine Vernissage empfohlen werden, bei der es allerdings nicht um eine klingende „Mehlspeis“ geht, sondern um die Vorführung von garantiert kalorienfreiem Eiskrem oder Glacé in Form von lebensecht und verzehrgerecht nachbeildeten Schmuckstücken… vor denen hier auch schon die Rede war.




1/9  Frustessen

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:37

Der Begriff des Frustessens (oder gar -fressens) ist bekannt und wird verwendet, seit man weiss, wie wichtig die psychischen Faktoren für die Entstehung von Übergewicht oder für die Beseitigung desselben sein können.

Einer Studie aus USA zufolge soll nun belegt sein, dass einer der Hauptgründe für die Gewichtszunahme beim Job der Leute zu finden ist. Fast die Hälfte aller Arbeitnehmer gaben an, dass ihr Übergewicht direkt mit den Arbeitsbedingungen verknüpft sei.

20minuten zitiert dazu das Nachrichtenmagazin Der Spiegel, der wiederum berichtet über eine Umfrage von CareerBuilder.com… Demnach sagten 46 Prozent der Befragten, dass sie im zurückliegenden Jahr infolge ihres Berufes zugenommen hätten: ein ungesunder Arbeitsrhytmus, kurze Mittagspausen mit Schnellimbiss, Stress und Frust… Dazu gerade bei Bürojobs das dauernde Sitzen, das Fehlen von Bewegung…

Gut gemeinte Ratschläge gibt es auch zu lesen: Man solle so oft wie möglich vom Bürostuhl aufstehen, man solle beim Telefonieren herumlaufen (hallo schnurlos!), man solle den obligaten Lift meiden und die Treppe nutzen – und, höret und staunet, anstatt ins andere Büro zu telefonieren oder eine E-Mail zu schreiben solle man doch grad schnell selber hingehen und die Botschaft mündlich übermitteln…

Wo, fragt man sich da, arbeitet der Mensch, der sich diese Zeilen ausgedacht hat? Und was hat der für einen Job? – Stimmen die Erfahrungen aus USA, die von einer Englischen Studie bestätigt werden, auch für die Schweiz? – 20minuten hat eine Umfrage gemacht und der momentane Stand zeigt doch einen fast ähnlichen Befund: 41 Prozent sagen „ja“, sie hätten im letzten Jahr auch zugenommen als Folge ihres Jobs, und 59 Prozent sagen „nein“… Stimmen Sie doch selber ab, wenn Sie während der Arbeit dazu kommen.




31/8  Grosse Herausforderung

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:53

Die Medien spielen eine zentrale Rolle wenn es darum geht, bei den Menschen das Bewusstsein und die Bereitschaft zu wecken, etwas zu unternehmen, eine Veränderung einzuleiten und von der Absicht dann auch wirklich zur Tat zu schreiten.

Medienkampagnen sind teuer. Sie müssen antreten gegen die geballte Kraft der Propaganda, mit welcher die umsatzfördernden Produkte der Nahrungsindustrie in den Markt gedrückt werden. Und mit „Werbung gegen Werbung“ ist nichts zu gewinnen, auch wenn dies den Vertretern der Werbebranche noch so gut gefallen möchte.

Nein, die Medienhäuser sind aufgerufen, eine Verantwortung wahrzunehmen, die im Dienste des Publikums steht. Service public im besten Sinne des Wortes. – Wenn man durch die Kanäle zappt, so stösst man in letzter Zeit immer häufiger auf aufrüttelnde, informative, berührende und auch nachhaltig lehrreiche Beiträge, in denen der Nutzen einer „richtigen“ Ernährung und die Vorteile von körperlicher Bewegung vermittelt werden.

Es fällt mir aber auf, dass diese Beiträge meist auf „privaten“ Stationen zu sehen sind. Die öffentlich-rechtlichen Anstalten tun sich da schwerer, sie berichten allenfalls in ihren medizinischen Themen-Magazinen. Aber so ein tüchtiger Überzeugungsschwung mag nicht aufkommen. Warum ist das so? Oder scheint es nur? Möchte man in der Sache top-seriös sein und sich nicht auf das populistische Glatteis von spektakulären Abspeckereien begeben?

Die gute alte Tante BBC macht es jedenfalls wieder einmal vor: unter dem Titel BIG CHALLENGE lanciert sie eine vielseitige Kampagne, wie es sie in dieser Konzentration noch nie gegeben haben soll. Da hat es einen Einkaufslisten-Generator, in den man seine „normalen“ Einkäufe eingeben kann – und dann macht er „bessere“ Alternativ-Vorschläge; unter dem Motto Gesund an der Arbeit findet man Tipps, wie die Umgebung am Arbeitsplatz gesundheitsförderlich gestaltet werden kann; ein individuelles Fitness- und Ernährungsprogramm gibt Empfehlungen und Anleitungen für 6 Wochen (ähnlich wie eBalance), sodann kann man Formulare für ein Ess- und ein Bewegungsprotokoll herunterladen und schliesslich gibt es noch einen interaktiven Reaktionstest, mit dem man sein Wissen in Essensfragen gegen die Uhr prüfen kann.

Alles in allem eine „grosse Kiste“, die der Mutter aller Rundfunkanstalten gut ansteht. Wo gibt es sowas bei uns – ausser bei eBalance?




30/8  Huhn und Ei

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:08

Heft 14 von Psychologie heute compact (2006) ist ganz dem Thema Essen und dessen Folgen gewidmet: Wie Sie ohne Reue geniessen, Ihr Gewicht halten und gesund bleiben…

Das sind so wieder die Versprechungen, die ich mag: ohne Reue geniessen… und dabei nicht zunehmen. Das Heft muss ich haben! Nützt’s dann nichts, spielt das auch keine Rolle, verkauft ist verkauft. Und den Dicken kann man alles andrehen.

Eines der vielen interessanten und anregenden Kapitel gilt einer Neuauflage des Buches des amerikanischen Herzspezialisten Glenn Gaesser: Big Fat Lies. Gaesser belegt darin seine These, dass Übergewicht an sich nicht krank mache, sondern dass falsches Verhalten, insbesondere fehlende Bewegung und „schlechte“ (minderwertige) Ernährung sowohl Übergewicht als auch die begleitenden Krankheiten bewirken.

Adipositas wäre demnach nicht die Ursache, sondern lediglich eine Begleiterscheinung von Diabetes, Herzproblemen, Bluthochdruck und anderen Zivilisationskrankheiten… Und viele dicke Menschen, die fit sind und sich bewegen, seien wesentlich gesünder als Dünne, die keine Bewegung haben und minderwertigen Food vertilgen. Die eigentlich Gefährdung gehe nicht vom Dicksein aus, sondern von den wiederholten Versuchen, abzunehmen.

Gaessers Theorie wird denn auch bestritten. Namhafte Wissenschafter widersprechen ihr und belegen das Gegenteil. Das Körperfett erzeuge Substanzen, von denen eine direkte Gefährdung ausgehe und die gesundheitliche Störungen aktiv auslösten. Auch Professor Stephan Rössner, der „Vater“ von eBalance, stimmt dem zu. Das Fettgewebe im Körper sei nicht einfach „tote Substanz“, sondern stelle das „grösste endokrinologische Organ des Körpers“ dar.

Was war nun zuerst? Und was hilft mir diese Diskussion? Sollten jene Recht behalten, die behaupten, Dicksein habe wenig Auswirkungen auf die Gesundheit und mache nicht krank, dann würden ihnen zahlreiche Betroffene widersprechen, die am eigenen Leib mit fortschreitendem Alter das Auftreten von verschiedenen Beschwerden erfahren mussten und müssen. Mein persönliches Fazit: Traue keinem dünnen Adipositas-Forscher, er kann nicht wissen, wovon er spricht.




29/8  Schlaues Züri-Znüni

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 13:58

Erste Maxime in der Adipositas-Prävention ist der Ansatz bei den Kindern. Hier hat die Stadt Zürich jetzt einen Nagel eingeschlagen, indem sie Empfehlungen für Kinder (und deren Eltern) herausgegeben hat.

Sie bzw. ihr schulärztlicher Dienst appelliert dabei an die „schlauen Köpfe“ unter den Kindergärtelern. Im Wissen darum, dass für die Kleinen der Besuch des Kindergartens eine kräftezehrende Sache ist, wird Wert darauf gelegt, dass mit der Zwischenverpflegung auch eine nachhaltige Form von Energie zugeführt wird.

Deshalb wird darüber informeirt, dass fett- und zuckerreiche Lebensmittel in jeder Form auf lange Sicht keine Energie spenden, sondern die Kinder bald „schlapp“ werden lassen und erst noch zu Übergewicht führen können. – Was also ist die Alternative?

Ein Merkblatt mit zahlreichen Varianten-Vorschlägen listet die cleveren Znüni-Tipps auf und lädt die Kinder ein, zusammen mit ihren Eltern aus einer relativ langen Liste die passende Zwischenverpflegung auszuwählen.

Auf diese Weise kann in der Praxis erprobt werden, was auch bei den anderen Mahlzeiten schmecken würde. Ernährungsbewusstsein wird antrainiert… sofern auch das familiäre Umfeld mitmacht. – Es wird spannend sein, zu verfolgen, wie die Reaktionen auf diese Initiative sind und wie kooperativ die Familien den Ball aufnehmen. Sonst droht auch diesem lobenswerten Ansatz eine Wirkungslosigkeit, die bereits manchen Vorschlag zur Verbesserung der Umweltbedingungen zunichte gmeacht hat. Und das wäre schade.




28/8  Achtung, eine neue Diät!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:30

Diäten, das wissen wir inzwischen, sind des Teufels, wenn sie einseitig sind und rasanten Gewichtsverlust versprechen. Eigentlich sollte man sie verbieten, da viele von ihnen geeignet sind, den Grundstein zur Adipositas erst zu legen.

Und doch taucht jeden Tag irgendwo wieder eine auf, hinter der meist ein gutmeinender Spezialist steht, der nur das Wohl der Menschen im Auge hat. So einer ist auch Dr. Peter H. Gott. Von ihm stammt die Kein Mehl, keinen Zucker-Diät, die in USA seit einiger Zeit ganz oben auf der Bestsellerliste steht.

Dr. Gott empfiehlt, auf raffinierte Kohlenhydrate in Form von Weissmehl und von weissem Zucker ganz zu verzichten. Das hört sich einfach an, hat aber im Alltag doch seine Tücken. – Immerhin: seine Empfehlung erinnert an das „Low-Carb“-Postulat, denn Mehl und Zucker enthalten Unmengen von „leeren“ Kalorien und haben dabei extrem wenig Nährstoffe. Lässt man diese beiden Zutaten konsequent beim Essen weg, so ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass man dabei abnimmt – sofern man sie nicht durch andere Produkte ersetzt, die eine ähnliche Wirkung haben.

Dass diese Empfehlung in USA auf offene Ohren stösst, verwundert nicht. Gross ist auch hier die Sehnsucht nach einem „einfachen“ Rezept, nach einer Richtschnur, die sich anwenden lässt, ohne dass man Kalorien berechnen muss (wer kann heute noch den Dreisatz im Kopf?) und viel Kleingedrucktes szu lesen hat. Und gerade in USA, wo in vielen Rezepten süsse Sirups eine wichtige Rolle spielen, kann eine solche „Dät“ den Eindruck vermitteln, man habe tatsächlich seine Essgewohnheiten umgestellt.

Wie lange sich so etwas dann aber im Alltag konsequent durchhalten lässt, wie man damit im Restaurant umgeht, welche geschmacklichen Umstellungen nötig sind, das muss sich in der Praxis weisen. – Und dann bleibt immer noch der positive Ansatz: „weniger“ ist auch schon etwas, wenn das Bewusstsein erst einmal geschärft ist.




27/8  Was ist noch normal?

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 22:21

Norm – Normalität – normal.. laut Lexikon das, was „regelrecht“, „vorgeschrieben“, „allg. üblich“ ist. Was normal ist, gilt als von der Gesellschaft akzeptiert. Was nicht normal ist, nannte man früher „anomal“, eine „Anomalie“ ist eine Ausnahme, eine Abweichung von der Regel.

Warum dieser Exkurs? – Yvonne ist 15 Jahre alt. Sie ist 1.60 gross und wiegt 54 Kilo. Sie fühlt sich dick und übergewichtig. Sie hat einen BMI von 21. Das sei absolutes Normalgewicht, sagt man ihr. Darauf antwortet Yvonne: „Aber normal ist doch gar nicht mehr normal, oder?“ – So wie Schönheit letztlich im Auge des Betrachters liegt, so wird das als „normal“ empfunden, was den eigenen Vorstellungen entspricht, die sich am gesellschaftlichen Umfeld orientieren.

Man könnte Yvonne lange gut zureden: ihre Meinung würde sie nicht ändern, sie fühlt sich zu dick – also IST sie zu dick! Das ist auch nicht verwunderlich, wenn man die „Vorbilder“ betrachtet, an denen sich junge Menschen heute orientieren (müssen). – Auch Vorurteile oder Verblendung können die Wahrnehmung trüben. Das belegt eine interessante Sudie aus Kanada: Eltern wurden befragt, ob sie ihre Kinder für übergewichtig halten.

Das Resultat ist verblüffend. Während die Messungen des Gesundheitsdienstes ergaben, dass 26 Prozent der kanadischen Kinder übergewichtig oder adipös sind, gaben lediglich 9 Prozent der Eltern an, dass ihre Kinder Übergewicht hätten. Was bedeutet, dass in zwei von drei Fällen das Gewichtsproblem des Kindes nicht als solches „erkannt“ und auch nicht entsprechend behandelt wird!

Was wiederum bedeutet, dass zwei Drittel der übergewichtigen Kinder (in Kanada) ohne eine verantwortungsvolle Begleitung weiterhin zunehmen und Gewicht zulegen werden. Die Studienleiterin Dr. Ruth Collins-Nakai zieht den besorgten Schluss, dass durch diese Selbst-Täuschung der Eltern die Kinder von der Realität ihrer Gewichtsprobleme abgeschirmt werden, was langfristig zu schweren Gesundheitsstörungen führen wird.

Dieser Befund wirft leider auch ein grelles Licht auf die Problematik der so gerne beschworenen „Selbstverantwortung“ der Menschen, wenn es um die eigene Gesundheit geht. Doppelt dumm, dass die Kinder selber (noch) nichts dafür können.




26/8  Faltenfrust (2)

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:30

Es waren an die 60 gekommen und der Abend wird sich auf lange Zeit in ihr Gedächtnis einprägen. Da sind zunächst die einführenden Erläuterungen des Chirurgen: ein erfahrener Praktiker, der seit zehn Jahren diese Operationen vornimmt. Die Bilder der durch Hautwülste und herunterhängende Lappen entstellten Menschenkörper wird man nicht so schnell wieder los. Viele im Saal wissen aus eigener Erfahrung vor dem Spiegel, was dies für das tägliche Leben bedeutet.

Bald kommt die Frage nach den Kosten und nach den einschlägigen Bestimmungen für eine Gutsprache durch die Krankenkasse. Es ist für alle ein richtiger Schock, zu erfahren, dass durch ein Präzedenz-Urteil, das Anfang dieses Jahres vom Eidgenössischen Versicherungsgericht, der höchstrichterlichen Instanz in dieser Sache, gefällt wurde, praktisch jede der bisher bewährten Optionen für die Übernahme der Kosten ausgehebelt wurde. Das Gericht, so war zu vernehmen, hat einstimmig die Gründe, die bis anhin bei einem Antrag mit Erfolg aufgeführt wurden, für nichtig und irrelevant erklärt.

Ein böses Erwachen, das sogar für den einzigen Vertrauensarzt einer Kasse, welcher der Einladung gefolgt war, überraschend kam. Ihm war die Existenz dieses Entscheides bisher noch gar nicht bekannt. So machte sich Ernüchterung und auch Enttäuschung breit. Ein solches Urteil, das war die allgemeine Meinung, konnte nur fällen, wer keinerlei Ahnung von den medizinischen Zusammenhängen und von der körperlichen wie seelischen Not der Betroffenen hatte…

Was tun? – Ein „Gegen-Urteil“ zu erwirken versuchen? Mit politischem Lobbying eine Veränderung der gesetzlichen Grundlage herbeiführen? Dafür stehen die Vorzeichen schlecht. Zu weit ist immer noch das Vorurteil verbreitet, dass dicke Menschen ihre Situation allein und selbst verschuldet haben und daher bitte sehr auch die Konsequenzen – sprich Kosten – selbst zu tragen hätten. – So muss diese neue Situation denn als ein zusätzlicher Ansporn verstanden werden, die Prävention zu forcieren, um zu verhindern, dass die Anzahal der stark übergewichtigen Menschen weiter zunimmt.

Für all jene, die das Problem heute schon haben, und die vor einem emotionalen Scherbenhaufen stehen, ist das ein erbärmlich schwacher Trost. Für sie lohnt es sich, mit gemeinsamen Kräften weiterhin zu kämpfen.




25/8  Faltenfrust

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:51

Am Freitagnachmittag bin ich auf dem Sprung nach Bern. Dort findet am Abend eine öffentliche Podiumsdiskussison statt, organisiert durch die Magenband- und Bypass-Selbsthilfegruppe Bern unter dem Titel Gewichtsverlust – Faltenfrust?

Wer viel abnimmt – sei es durch eine konsequente Umstellung seiner Ess- und Bewegungsgewohnheiten oder durch einen chirurgischen Eingriff – der stellt fest, dass oft die Haut, die sich früher so dehnbar über das allzuviele Fett gespannt hat, sich nicht mehr zusammenzieht. Das hängt im Einzelfall stark von der individuellen Hautsruktur ab, wie dies ja viele Frauen nach der Schwangerschaft feststellen müssen.

Die „Fettschürzen“ sind Hautlappen, die leer und schlaff herunterhängen. Man kann sie unter Kleidern verbergen, kann sie straff einschnüren, damit sie beim Gehen nicht herumschlacksern… aber es ist eine Irritation mit einem mächtigen Malus für das Selbstwertgefühl: da hat man durch den Gewichtsverlust ein „neues Leben“ gefunden, fühlt sich wieder frei und unternehmenslustig… und dann ist die alte Haut noch da, die von den Oberarmen baumelt („Fledermaus-Arme“ sagt der Volksmund dazu), die am Bauch herunterhängt, an den Beinen flattert – und bei Frauen können die Brüste zu leeren Schläuchen werden, wenn das Körperfett daraus verschwunden ist.

Das lässt sich chirurgisch beheben. Aber nicht „einfach so“: die Bestimmungen für die Krankenkassen sind so, dass sie einen Eingriff nur dann finanzieren können, wenn die Situation eine gesundheitliche Gefährdung darstellt. Aussehen, Befindlichkeit, Belästigung im Alltag spielen da keine Rolle. Es müssen sich schon Komplikationen einstellen wie offene, nässende Wunden in den Falten… oder lebensbedrohliche Auswirkungen auf die Psyche.

Eine komplexe Geschichte, die wir heute Abend mit Experten diskutieren wollen: Erfahrungen, Möglichkeiten, Erwartungen. Über 60 TeilnehmerInnen haben sich angemeldet. Ich werde den Abend moderieren und bin gespannt, zu welchen Einsichten wir im Gespräch mit den Praktikern kommen. Es dürfte ein langer Abend werden.