10/2 Ich nicht – er auch!
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:22 |
Geht es noch? In letzter Zeit ist durch verschiedene besorgte Veröffentlichungen von Ernährungsexperten der ZUCKER in Misskredit geraten. Vor allem der versteckte Zucker, der im Übermass in vielen Fertigprodukten und Lebensmitteln als Zusatz anzutreffen sei, trage dazu bei, dass die Menschen übergewichtig werden.
Und nun holt die Zucker-Lobby zum Gegenschlag aus. In einer Stellungnahme gegenüber der Lebensmittel-Plattform Food Monitor halten die Zuckerleute fest, es sei falsch und irreführend, dem Zucker allein die Schuld an der grassierenden Adipositas-Epidemie zuzuschieben. Denn zum Beispiel in England sei der Zuckerkonsum in den letzten Jahren tendenziell rückläufig – und trotzdem steige die Anzahl der übergewichtigen und adipösen Bürger weiterhin an.
Deshalb wolle der Zucker nicht als alleiniger Sündenbock die Prügel einstecken. Nach dem bewährten Schulbuben-Trick redet man sich heraus mit dem Argument: „Ich nicht – er auch!“ Problematisch sei nicht ein zu hoher Zuckerkonsum, sondern der Verzehr von zu vielen Kalorien insgesamt. Als Beispiel wird erwähnt, dass ein Lebensmittelprodukt, das künstlich gesüsst sei, unter Umständen einen extrem hohen Kaloriengehalt haben könne wegen des Fetts, das im Produkt enthalten sei…
Hallo? Geht es noch plumper? Der Zucker habe nicht nur Kalorien, sondern auch eine ganze Reihe von positiven Eigenschaften, z.B. bezüglich des Geschmacks eines Produkts oder zur Verbesserung der Haltbarkeit. – Das mag durchaus sein. Tatsache ist aber, dass die Menschheit während Jahrtausenden keinen industriell gefertigten „reinen“ Zucker kannte, sondern sich mit natürlichen Süssstoffen begnügen mussten, wie sie in Früchten, Beeren oder im Honig enthalten waren…
Die Ausreden der Zuckerleute sind zu billig, als dass man sie ernst nehmen dürfte.
18/1 Rettung naht
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 22:50 |
Jetzt wird alles gut. Der Einbrecher ruft: Haltet den Dieb! Nachdem weltweit die gesüssten Getränke als eine der Hauptursachen für die anhaltende Ausbreitung von Übergewicht und Adipositas erkannt und identifiziert wurden, spielt sich ausgerechnet der CocaCola-Konzern in einem ausführlichen Werbespot als beispielgebender Vorkämpfer für einen kalorienbewussten Lebenswandel auf.
Zuerst werden alle Massnahmen aufgezählt, die bereits getroffen wurden: neue Getränke mit weniger oder gar keinen Kalorien, mit zuckerfreien Süssstoffen und in kleineren Flaschen und Dosen (keiner propagiert das Trinken von Wasser..!). Dann wird auf das Problem der Kalorienmenge hingewiesen und dass eine Balance eingehalten werden soll zwischen der Energie, die man zu sich nimmt und jener, die man verbraucht, damit man kein Gewicht zulegt.
In den amerikanischen Schulhäusern werden die Verpflegungsautomaten mit Low-Calorie-Getränken und Fruchtsäften gefüllt und es entsteht der Eindruck, als würden zuckerfreie Limonaden geradewegs die Pfunde schmelzen lassen. Dabei – und das sagen alle Ernährungsspezialisten – wäre das Getränk der ersten Wahl reines Wasser oder ungesüsser Tee… Kalorienfreie, „künstlich“ gesüsste Brause ist allenfalls ein Notbehelf für jene, die schon so zuckerabhängig geworden sind, dass sie ungesüsste Flüssigkeiten gar nicht mehr schlucken können. Und die Wirkung der Süssstoffe auf den Stoffwechsel ist noch immer nicht abschliessend erforscht, es gibt nach wie vor deutliche Vorbehalte, da auch die „vorgetäuschte“ Süsse im Geschmacksempfinden die Insulin-Ausschüttung ankurbeln kann, auch wenn dann gar kein richtiger Zucker nachkommt…
Wie auch immer: der Cola-Spot lässt doch so etwas wie Selbsterkenntnis erahnen, auch wenn er nach wie vor ein knallhartes Marketing-Instrument ist. Vielleicht kommen ja bald der Diätburger oder die Schlankheitspizza auf den Markt.
10/4 Schlemmer-Jünger?
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:34 |
Mit dem Buch und dem Film The Da Vinci Code ist es in aller Leute Wahrnehmung geraten: das letzte Abendmahl, das Jesus mit seinen Jüngern einnahm, wie es Leonardo gemalt hatte, seinerzeit.
Nun ist eine Kontroverse unter Ernährungsspezialisten um dieses Bild entstanden. Kurz vor Ostern hat Brian Wansink, ein renommierter Wissenschafter, im International Journal of Obesity das Resultat seiner Studien veröffentlicht: Er hat 52 der bekanntesten Darstellungen des letzten Abendmahls im Lauf von 1’000 Jahren analysiert, die darauf abgebildeten Lebensmitttel, die die Jünger verzehrten, mit modernen Methoden vermessen und ihr Volumen bestimmt und die Tellergrösse gemessen… Und so hat er herausgefunden, dass in den 1’000 Jahren die Nahrungsmenge auf den Bildern um 69% zugenommen hat, die Teller um 66%, die Brote um 22% grösser geworden sind.
Ausgehend von der Annahme, dass in diesen Bildern im Lauf der Zeit jeweils Nahrungsmitttel und Teller in der aktuell üblichen Grösse gemalt wurden, leitete der Forscher daraus die Erkenntnis ab, dass die Menschen im Verlauf der letzten tausend
Jahre kontinuierlich mehr gegessen und demzufolge auch immer dicker geworden seien. Unsere Übergewichts-Epidemie sei also nicht unerwartet gekommen, sondern habe sich der Menschheit mit fortschreitender Zivilisation sachte genähert…
Eine kühne Theorie, die so ziemlich allen logischen Erkenntnissen über die zeitliche und geografische Ausbreitung der Adipositas weltweit widerspricht. Und tatsächlich liess die Replik auf Wansinks These nicht lange auf sich warten: Kunstsachverständige meldeten sich zu Wort und wiesen nach, dass Grösse und Art der Darstellung der Lebensmittel nichts zu tun haben mit dem jeweiligen Lebensstil, sondern in erster Linie mit dem gerade aktuuellen Trend in der bildenden Kunst. Richtig üppig sei das letzte Abendmahl erst geworden seit der Perfektionierung der Kunst des Stilllebens in den verschiedenen Epochen der Kunsgeschichte. Und die Darstellungen aus dem 20. Jahrhundert, die ja eigentlich am reichhaltigsten sein müssten, zeichneten sich aus durch besondere Kargheit, oft überhaupt das Fehlen von abgebildetem Essen.
Würden die Jünger sich zeitgemäss ernähren, müssten sie heutzutage Hamburger und Pizza verdrücken… Und das haben wir bis jetzt noch nicht gesehen.
4/1 BR gestylt
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 15:11 |
Immer zu Jahresanfang lässt sich unsere nationale Regierung in einem repräsentativen Arrangement ablichten. Heuer wurde ein spezielles Format gewählt: draussen auf dem Bundesplatz, vor einem künstlich virtualisierten Bundeshaus, in Zweierkolonne nach rechts marschierend, freundlich-uniform in die Kamera lächelnd…
Was dem Kommentator im Blick – unter anderem – aufgefallen ist: die sieben MinisterInnen und die Kanzlerin sind alle schlank, drahtig, sportlich… Kein Magistrat, keine Magistratin verkörpert mehr, im wahrsten Sinn des Wortes, die übergewichtigen MitbürgerInnen in diesem Land! Dabei (so ein Zitat des Adipositas-Spezialisten PD Dr. med. Fritz Horber) hätten wür Übergewichtige rein statistisch gesehen Anrecht auf mindestens zwei Sitze im Bundesrat, wenn die Dicken sich in einer eigenen Partei organisieren würden.
Wenn ich das Foto betrachte, kann ich den Gedanken nicht abwenden, dass der Bildautor nicht nur beim Hintergrund sondern auch sonst noch mit einem digitalen Tool (war es Photoshop?) nachgeholfen haben könnte: so leuchtend schwarz sind die Haare der Bundespräsidentin, so ähnlich-gleich sind die Lächelmünder, so elegant-dünn sind die Polit-Leiber, als wären sie auf einem Mode-Plakat zusammen mit Unterwäschemodels.
Was hat diese Selbstdarstellung allenfalls für uns und unsere Anliegen zu bedeuten? Heisst das nun, dass sich regierungsamtlich die Meinung durchsetzen wird, Dicksein sei kein Problem mehr für unser Land? Wer schlank sein wolle, der könne dies ja nachweislich, denn das hätten selbst Leute bewiesen, die weiss Gott unter Stressbelastung stehen, häufig auswärts essen, nicht immer ihre Agenda selbst bestimmen können…
Lassen wir uns überraschen und wünschen wir der frohgemuten Wandergruppe alles Gute auf ihrem Weg in unsere Zukunft.
28/5 Latz-Ersatz
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:17 |
Heute war ich über Mittag unterwegs und knapp bei Zeit, als mein Weg mich an einem McDonald’s Drive-In vorbei führte. Und ich sagte zu mir selber: Warum nicht, so ab und zu? Und antwortete mir auch grad selber: Sicher. Meine Sorge war allerdings: was gibt es im Angebot, das sich mit meiner aktuellen Ernährungsform verträgt, nämlich wenn möglich Kohlenhydrate zu vermeiden?
Das Bestellen war schon ein Kunststück. Die Säule mit dem Mikrophon stand in einer leichten Rechtskurve und um nahe genug an die Sprech-Schlitze zu kommen, musste ich so weit wie möglich links halten… was allerdings dazu führte, dass der vordere Abstands-Sensor in Panik zu piepsen begann, offenbar weil er mir zutraute, ich würde das McDonald’s-Häuschen rücksichtslos über den Haufen fahren… – Bunte Bildchen zeigten eine reiche Auswahl an Burgern und Burgern… ich entschied mich nach einigen Schrecksekunden für Chicken Wings, nachdem ich die Chicken Nuggets zwar erwogen, aber wegen der Pannade wieder verworfen hatte. Der Rest klappte reibungslos.
Die Chicken Wings erwiesen sich übrigens als ideale ketogene Nahrung: weisses Pouletfleisch, erstaunlich wenig Fett, knusprig gebraten und reichlich, schön in einzelne Teile zerlegt, so dass man sie abnagen konnte, ohne beide Hände benutzen zu müssen. – Was mir dabei aber fehlte, das habe ich dann erst am Abend im Internet entdeckt: der ganz spezielle Auto-Latz! Er heisst The BeltzBib und kostet etwas über 13 Dollar. Man befestigt ihn am Sicherheitsgurt, unten hat er so etwas wie eine eingebaute Lade, in die man das erstandene Fastfood packen kann, dann lässt sich ohne Rücksicht auf Krümel, Sauce-Tropfen, Käse-Schlieren oder andere Bekleckerung drauflos schnabulieren… Hemd und Wagen bleiben sauber, der Abgang sammelt sich in der taschenartigen Ausbuchtung, und wenn man fertig ist, kann man den Latz vom Sicherheitsgurt lösen, ihn zusammenrollen, so dass alles schön in der Tasche bleibt und zuhause entsorgt werden kann.
Genial, nicht? Einziges Handicap: das Ding ist gedacht für Leute, die entweder ganz schnell schlingen und sich dabei beidhändig den Food in den Mund stopfen… oder aber für solche, die wärend der Fahrt essen, nur eine Hand frei haben, die Nahrungsaufnahme nicht kontrollieren können und sich deshalb einsauen würden… – Beides aber, Freunde und Freundinnen, ist in höchstem Masse ungesund. – Ich selber bin mit meinem Kauf an ein ruhiges Plätzchen gefahren, ausgestiegen, habe mich unter Bäume in den Schatten gesetzt und genüsslich meine Pouletknöchelein benagt. So viel Zeit muss sein!
6/1 Der König
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:43 |
Noch nie ist er mir so mickrig vorgekommen wie in diesem Jahr, der kleine weisse König im Königskuchen. Ist er schon ein Opfer der Rezession? Hat man ihn extra materialsparend produziert, möglichst flach und schmal und konturlos?
Ich weiss nicht, wie weit meine Erinnerung an Dreikönigs-Könige in die Kindheit zurück reicht. Waren sie einmal aus Metall? Oder aus Porzellan? Es waren kunstvoll gestaltete kleine Persönlichkeiten, die man aufstellen konnte auf der Kommode, sie hatten klare, respektgebietende Gesichtszüge, trugen wallende Gewänder und die wahren Insignien der Macht. Man hatte sich ihnen im weichen Teig mit aller Vorsicht zu nähern, um nicht bei zu kräftigem Biss einen Zahn zu beschädigen…
Dann kamen das Plastic-Zeitalter und die Aera der political correctness sowie des Gender-Gleichgewichts: anstatt des Königs gab es in manchen Kuchen eine Königin, nicht minder eindrücklich ausgestaltet, aus Plastic zwar, aber aus einer soliden Sorte von Kunststoff. Und sie waren nach wie vor Persönlichkeiten von Rang und Ansehen, die den durch sie verliehenen Herrschaftsanspruch für einen Tag rechtfertigten.
Das dünne weisse Ding, das ich allerdings heute beim Kaffee aus meinem Kuchenbällchen gepult habe, ist schwer zu identifizieren. Es trägt statt einer Krone eine Art flache Mütze mit Rand, wie sie einst die Scholaren aufgesetzt hatten, statt Szepter und Reichsapfel hält es ein Kreuz vor der Brust als wärs ein Messdiener, das Gesichtlein zeigt keinerlei Profil und die viel zu kleinen Füsse schliessen strumpfbehoste Beinchen ab… ich bin enttäuscht und habe den ganzen Tag über keine eigentliche Lust verspürt, von der mir verliehenen Regentschaft Gebrauch zu machen. Und morgen ist man wieder Bürger.
30/4 Ein Abschied
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 17:46 |
Sie haben zu ihrem letzten Auftritt eingeladen: die einzig wahre „Heart-Chor-Band“, inzwischen ganz diskret auch ein wenig in die Jahre gekommen, aber nur so, dass mans kaum bemerkt… Die vier sympathisch schrillen Ladies mit den durchtrainierten Stimmen und ihrer umwerfend individuellen Show…
Ich habe sie all die Jahre „begleitet“, von den Anfängen bis zur Verleihung des „Salzburger Stiers“, von Erfolg zu Erfolg und mit Freude darüber, dass das Publikum so etwas schätzt. Die verschmitzte Persiflage des Allzuweiblichen, locker dosiert und aufbereitet, ist ohne Ausnahme immer angekommen und ich bin gespannt, was an diesem allerletzten – heisst es – auf uns wartet.
Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist. – Viele der darbietenden Künstler sind schon rückfällig geworden, von Emil bis Polo Hofer, ohne den Herrn Pfeuti mitzuzählen. Sogar Peter, Sue und Marc wurden wieder auf den bildschirm gehievt… Man möchte es den Acapickels gönnen, wenn sie nach den Jahren intensvster gemeinsamer Bühnenpräsenz individuell neue Wege beschreiten könnten… aber auch uns wäre zu gönnen, dass sie sich ab und zu an ihre Vergangenheit erinnern. – Kann man daas Weggli haben, ohne den Fünfer auszugeben? In anderthalb Stunden fängt die letzte Vorstellung an.
21/12 Zugesetzt
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 14:19 |
Volksmund ist Sprachgebrauch – und umgekehrt. Was sich an Redewendungen eingebürgert hat, das entspricht meist einer emotionalen Logik durch Erfahrung. Etwas hat mir „zugesetzt“, sagen wir, wenn wir meinen, dass uns ein bestimmtes Erlebnis nachteilig beeinflusst hat.
Ein Zusatz an sich muss noch nichts Negatives sein. Es ist eigentlich etwas, das zu etwas anderem dazu gesetzt wird, dieses ergänzt, vervollständigt, wertvoller macht, wenn wir Glück haben. – Eine Mischung besteht aus verschiedenen Dingen, die einander zu-gesetzt wurden. Ein Menu entsteht, wenn man unterschiedliche Nahrungsmittel zu(sammen)setzt.
Dieser volksetymologische Hintergrund soll erhellen, worum es unter anderem auch geht, wenn nun von „Zusatzstoffen“ die Rede ist, zu denen sich das Bundesamt für Gesundheit BAG kürzlich in einer aktualisierten Publikation geäussert hat. Ihnen allen ist gemeinsam, dass sie auf der Verpackung deklariert werden müssen und dass sie eine Nummer tragen, die hinter einem E steht. Wieviele es davon gibt, in welche Kategorien sie eingeteilt werden können und was sie bewirken, das ist in einem interessanten Faktenblatt beschrieben, das man auf der entsprechenden BAG-Website herunterladen kann.
Zusatzstoffe können durchaus natürliche, organische Substanzen sein, sie können aber auch synthetischen Ursprungs, also im Labor hergestellt sein. Bezüglich Übergewicht haben sie ein belastetes Image. Immer wieder tauchen Theorien auf, wonach es diese „künstlichen“ Stoffe seien, welche über die industriell gefertigte Nahrung den menschlichen Stoffwechsel negativ beeinflussen und Adipositas verursachen würden. Solche Vermutungen sind bis jetzt nicht bewiesen.
Von Amtes wegen erteilt das BAG den Zusatzstoffen einen Unbedenklichkeits-Ausweis: sie gehörten zu den am besten erforschten Lebensmittel-Bestandteilen und würden laufend getestet darauf, dass sie auch wirklich verträglich seien (sofern nicht besondere Allergien bestehen). Ihre Verwendung würde wenn nötig immer wieder neu geregelt, mit strikten Höchstwerten und Empfehlungen für eine „Gute Hersteller-Praxis“ (GHP).
Zusatzstoffe seien notwendig, um Lebensmittel dauerhaft haltbar zu machen. Gäbe es sie nicht, sagt der Bericht, dann könnten wir nicht währernd des ganzen Jahres saisonale Produkte aus aller Welt konsumieren… – Aber hier soll die Frage zugesetzt werden: müssen wir denn das wirklich können?
12/5 Stier-Getier
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 16:44 |
Das ist Pech. – Unter obigem Titel habe ich am Nachmittag einen ausführlichen Bericht verfasst über die gestrige Gala-Soirée, die vom SWR-Fernsehen aufgezeichnet wurde und am 28. Mai gesendet wird… verbunden mit den versprochenen weiteren Informationen zu Schloss Kapfenburg und einer Vorschau auf die Verleihung des Salzburger Stiers von heute Abend… garniert mit hilfreichen Link zu allen Akteuren und Schauplätzen… und just als ich den Beitrag online in den eBalance-Blog überspielen wollte, fiel das Moden, das mir vom Schloss vermietet wordne ist, wieder mal aus. Und der ganze Text ist verschwunden, im elektronischen Nirwana des welweiten wundersamen Webgewirkes… – Sorry, Leute. – Vorsichtshalber speichere ich mal diese Entschuldigung ab und sehe dann, wie weit ich als ergänzenden Nachtrag im Korrekturmodus noch liefern kann, was sich rekonstruieren lässt, bis das Abendprogramm beginnt.
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Also nochmal von vorn: das gesgtrige Gala-Programm, das vom SWR-Fernsehen am Pfingstmontag, 28. Mai 2007, um 21.50 Uhr gesendet wird, hatte Tout Aalen in die Stadthalle gelockt. Durch den Abend führte mit rasanter Stahlschnauze Ottfried Fischer, der die Künstler nach ihrem Auftritt jeweils an seinem Stammtisch in einen Diskurs über alle Aspekte des Begriffs Heimat verwickelte. Es waren dies – in der Reihenfolge ihres Erscheinens – der unverwüstliche Konstantin Wecker, die Kabarettisten Werner Koczwara und Horst Schroth, die österreichische Kultband Global Kryner und die Chansonneuse Annette Postel mit dem Salonorchester Schwanen.
Dann noch zu Schloss Kapfenburg: der imposante, rosarote Gebäudekomplex steht weithin sichtbar auf einer Anhöhe, und das entspricht seinem Namen, sei der Begriff „Kapfen“ doch verwandt mit dem Wort „Gaffen“ und bedeute so viel wie, von hier aus habe man den besten Rund- und Kontrollblick in die Gegend. (Das kennen wir ja auch aus der Schweiz, wo Anwesen und alte Ritterburgen an erhöhtem Standort nicht selten die Bezeichnung „Luegisland“ tragen.) Heute ist hier eine internationale Musikschulakademie für junge Menschen aus ganz Europa untergebracht, an der gelernt und gelehrt und geforscht wird, verbunden mit einem Kulturzentrum, das Konzerte und Festivals organisiert.
In diesem Schloss werden heute Abend die Salzburger-Stier-Trophäen überreicht an die Preisträger ans Deutschland, Österreich und der Schweiz. Für uns tritt der Appenzeller Simon Enzler an. Er hat seinen Beitrag eigens aus der Appenzeller Mundart ins Hauchdeutsche übersetzt, wie dies die Schweizer Kabarettisten am Salzburger Stier gerne tun, tun müssen, wenn sie wollen, dass ihre Sprachgenossen in den grösseren Ländern ihnen folgen können. Seit Emil Steinberger geniessen die Schweizer Künstler in deutschen Landen ja einen gewissen Sympathie-Bonus. Auf den wollte Enzler aber nicht setzen, er vergleicht seine sprachliche Performance eher mit dem Bundeshausdeutsch des Ständeherrn Carlo Schmid… ob das auf seine political correctness abfärbt? In zwei Stunden werden wir es wissen.
9/2 light vs. zero
Kategorie: Allgemein Von Heinrich von Grünigen um 23:25 |
Seit kurzem sind sie in den Regalen, die handlichen PET-Fläschchen mit dem braunen Inhalt und der schwerz-weiss-roten Etikette. Oben der klassische Coca-Cola-Schriftzug, darunter in grossen Kleinbuchstaben das Wörtchen zero.
Und irgendwie hätte ich das Gebräu offenbar noch gar nicht kaufen dürfen… denn der Count-Down auf der Website möchte mich noch ein wenig auf die Abzähl-Folter spannen. Aber ich habs gekauft und schon fast ausgetrunken.
Eigentlich bin ich nicht der Coca-Cola-Typ, habe mich in den letzten Jahren an Hahnenburger nature gewöhnt und misstraue künstlich gesüssten Getränken, aber jetzt wollte ich es wissen: was ist das Geheimnis des neuen Produkts, dass seine Lancierung sich lohnen müsste? Worin unterscheidet es sich von dem bereits bestens eingeführten Brand namens Coca-Cola light?
Eine befreundete Ernährungswissenschafterin hat mich aufgeklärt. Der Unterschied liegt im Marketing: die Positionierung von light war eindeutig auf Frauen ausgerichtet. Das sah man an der bekannten TV-Spot-Serie, in der eine ganze weibliche Büro-Belegschaft jeweils emotional ins Flattern geriet, wenn der knackige Getränkelieferant seine Kisten mit den eisgekühlten, silberglänzenden Aludosen in den Raum stemmte und mit samtener Zunge ein glitzernder Tropfen weggeleckt wurde, der weiss was hätte darstellen können, je nach Phantasie-Veranlagung… Coci-light: ein in Büchsen gefangener Frauentraum, der darauf wartet, seine gezähmte Wildheit entfalten zu können…
Dagegen ist der Auftritt der Marke zero sachlich-herb und erdgebunden. Die schwarze Etikette zieren weisse geometrische Strukturen, Eis-Wüfel sind es, Schneekristalle, Hochhaus-Silhouetten und mittendrin eine kleine kauernde Gestalt mit einer Rute in der Hand… es ist eine Angelrute und er ist ein Eisloch-Fischer, der Prototyp des abgehärteten Kerls, der in der Polar-Region seine Nahrung jagt. Echter Geschmack lautet der Slogan, ergänzt mit zero Zucker. Das ist eine klare Aussage. Nicht so ein Wischiwaschi-Light, das ein wenig oder auch viel leichter sein könnte, sondern der knallharte Verzicht: Nichts, Nada, Nothing, Zero!
Und das O von zero ist nicht einfach ein Kreis, sondern ein Kreissägenblatt mit drei scharf auslaufenden Zacken, schneidend und endgültig, verletzend, wenn es in Schwung kommt… was will Mann noch mehr? – Kaufen und Schlucken!