7/11  Nudging

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:57

Er ist schon fast ein Modewort geworden, der englische Begriff NUDGING. Er bedeutet sinngemäss so viel wie „anstupsen“, „einen kleinen Stoss versetzen“. Es ist eine sehr sanfte (aber doch merkliche) Form der Aufforderung, keine Nötigung, kein Zwang, aber doch ein Hinweis, dass man eigentlich etwas tun (oder unterlassen) sollte. Gerade im Gesundheitswesen ist diese Variante der diskreten Mahnung inzwischen auf dem politischen Parkett in Mode gekommen als Mittel, eine Verhaltensänderung zu erreichen.

Wie sanft oder wie explizit dabei dieses nudging erfolgt, bleibt offen. Es ist ein Element in der Skala der Appelle an die Freiwilligkeit zu sinnvollem Handeln. Demzufolge passt es gut in unsere aktuelle BAG-Doktrin, zu freiwilligen Massnahmen aufzurufen und wenn immer möglich auf gesetzliche Regelungen und Vorschrifrten zu verzichten: der sattsam bekannte Appell an die Selbst- bzw. Eigenverantwortung.

Die Regierung in England ist nach diesem Modell eine Koalition des  Einvernehmens mit den grossen Anbietern von JunkFood, den Süssgetränkeherstellern und den Supermarktketten eingegangen, um sie dazu zu bringen (anzustupsen), freiwillig einen Beitrag zur Volksgesundheit zu leisten… so wurde etwa der Salzgehalt in verschiedenen Produkten gesenkt. – Gesundheitspolitiker halten dies nicht für eine gute Lösung. Laut Guardian bezweifeln sie, ob dies wirklich etwas bringen würde. Es sei fatal, sagen sie, wenn man Organisationen, die auf kommerziellen Erfolg angewiesen sind, in Gesundheitsfragen das Agendasetting überlassen würde. Die Erfahrungen mit der Sicherheit im Strassenverkehr, mit der Tabakwerbung und dem Rauchverbot in öffentlichen Räumen hätten gezeigt, dass nur strikte Auflagen und Verbote wirklich eine Verhaltensänderung bewirken könnten.

Die Industrie – so argumentieren sie – würde sich an dieser Koalition eh nur beteiligen, um damit entsprechende gesetzliche Regelungen zu verhindern. – Die Schweiz verfolgt mit der actionsanté eine ähnliche Stossrichtung. Diese Woche findet die jährliche Bilanz-Präsentation statt. Ich bin gespannt, wie sich diese im Lichte der britischen Vorbehalte ausnimmt.




6/11  Dick ist out

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:32

Dass die globale Adipositas-Epidemie auch in Indien angekommen ist, davon habne wir kürzlich Kenntnis genommen. Nun teilt uns ein BBC-Bericht mit, was Politiker konkret dagegen unternehmen… Allerdings, das muss einschränkend gesagt werden, nicht im Sinne etwa eines nationalen Präventionsprogramms, sondern ganz simpel im eigenen Interesse. Und das geht so:

Jahrhundertelang galt auch in Indien beleibte Körperfülle als Zeichen von Wohlstand und Gesundheit, kein Maharadscha, den man je mager auf einem Bild gesehen hätte. Aber mit dem Aufkommen des westlichen Lebensstils haben sich auch die Ideale geändert und die Normen des Gesundheitswesens haben Fettleibigkeit als Ursache vieler Krankheiten entlarvt. Gerade Politiker wurden vermehrt in die moralische Verantwortung genommen, Vorbildwirkung für die Gesellschaft zu zeigen.

So sind es denn – laut BBC-Report – auffallend viele Politiker, die sich im Spital einer Magenperation unterziehen und massiv abspecken, wenn sie es schon nicht schaffen, genügend körperliche Betätigung in ihren Alltag zu bringen. Innert kurzer Zeit hat sich das Idealbild gewandelt, der dicke Bauch ist kein Symbol mehr für Macht und Reichtum, sondern ein Signal für gesundheitliche Gefährdung und schlechtes Beispiel.

Im gleichen Bericht steht auch die Aussage eines Personal Trainers, der für die Polizei von Mumbai (vormals Bombay) arbeitet und dessen Job es ist, dicke Polizisten dazu zu bringen, abzunehmen. Das gelinge – sagt er – durch gutes Zureden. Denn nur wenn man den übergewichtigen Ordnungshütern die Risiken für ihre Gesundheit klar mache, zeige dies auch Wirkung. Wer 12 Stunden lang im Polizei-Einsatz sei, dem falle es schwer, eine vernünftige Diät zu halten. Deshalb sei es auch wichtig, die Frauen und die Familien einzubeziehen. Nur wenn das Umfeld den Vater aktiv begleite und unterstütze, gebe es Aussicht auf Erfolg.




5/11  Dick und froh

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:33

Es muss ja auch einmal gesagt sein, dass nicht alle übergewichtigen Menschen von Amtes wegen an Depressionen leiden und das Elend zur Schau tragen, das ihnen ihr Gewicht im Leben bereitet… Dies hat uns heute Abend auf mehreren TV-Kanälen das bunte Spektakel aus Leipzig vor Augen geführt, angefangen mit der Figur des Horst Schlämmer, dessen Mantel bei jeder Bewegung in den Knöpfen zu zerreissen droht, und aufgehört bei der Spasskugel Dirk Bach, der singend, hüpfend und quietschend mit seinen pinkfarbenen Bärchenpantoffeln durch die Sendung irrlichterte…

Zwei professionelle Unterhalter, die ihre ausladende Körperform zum Markenzeichen, zum Kult gemacht haben, die man sich gar nicht vorstellen könnte in einem sogenannten“Normalformat“, die ihre Komik ebenso einbüssen würden wie ein abgemagerter Oliver Hardy… obwohl letzterem bei allem, was ihm widerfährt, auch eine gewisse Tragik innewohnt.

Wirken diese Komödianten lustig, weil sie eine Überfülle zur Schau stellen? So wie die Clowns, die mit viel zu grossen Schuhen, in zu weiten Hosen und mit Schlabberjacken durch die Manege stolpern? Oder geben sie die Lustigen, weil sie dadurch ablenken wollen von ihrem Aussehen? Man hat sie meines Wissens noch nie danach gefragt. Und so lange sie mögen und fit sind, spricht nichts dagegen, dass sie das alte Klischee bestätigen, wonach dicke Menschen eigentlich gemütlich seien… – Brutal in diesem Zusammenhang ist freilich, dass man eine stark übergewichtige Michèlle Hunziker wohl weniger goutieren möchte. Hier machen sich knallhart die überlieferten Schönheitsideale bemerkbar und geben denen keine Chance, dei nicht schlank sind.




4/11  Knochenhart

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 17:17

Als ich vor nunmehr 13 Jahren meine erste seriöse Adipositas-Analyse machen liess, wurde unter anderem auch ein gescanntes Körperbild hergestellt, aus dem die anteilmässige Verteilung der verschiedenen Körpermassen-Elemente ersichtlich war: Fettanteil, Muskelmasse, Skelett, optisch abgebildet und vermessen.

Das kleine Knochenmännchen auf dem Bildschirm zeigte durch intensivere Einfärbung einzelner Gebeine die Dichte meiner Knochen an. Der Arzt, der mir das Resultat der Bestandesaufnahme erläuterte, wies darauf hin, dass meine Ober- und Unterschenkelknochen besonders kräftig und solide waren, weil sie sich der jahrzehntelangen Belastung durch mein Übergewicht angepasst hätten. Ihre Dichte lasse den Schluss zu, dass ich später nicht an Osteoporose leiden würde sondern auf meinen starken Unterbau zählen könne. Ich nahm das beruhigt zur Kenntnis: wenigstens ein indirekter Vorteil meines Gewichts.

Nun muss ich dem Bericht über eine Studie aus Schweden entnehmen, dass dies nicht selbstverständlich sei. Die Forscher hatten herausgefunden, dass das sogenannte Adipositas-Hormon, das Adiponectin, unter anderem auch zur Osteoporose-Bildung führen kann, wenn es zu reichlich im Blut vorhanden ist. Vielleicht habe und hatte ich damals einfach Glück, dass mein Adiponectin-Ausstoss (noch?) klein war… Vielleicht ist es aber an der Zeit, nach all den Jahren wieder mal einen Scan machen zu lassen. Wenn – wie die schwarzweisse Kuh uns immer wieder suggeriert – der reichliche Konsum von Milchprodukten die Knochen wirklich stärkt, dann habe ich allerdings nichts zu befürchten.




3/11  Aus dem Eis gepellt

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:03

Darauf haben viele Esser gewartet: auf den schnellen Snack, der gut schmeckt und erst noch den Prinzipien einer ausgewogenen, „guten“, kalorien- und fettbewussten Ernährung entspricht.

In Amerika sind sie eben auf den Markt gekommen: tiefgekühlte Fertigmahlzeiten, vom Nahrungsmittelkonzern Heinz hergestellt, im Auftrag und nach den Vorgaben von WeightWatchers. Es ist eine komplette Ernährungs-Linie mit einer grossen Auswahl an Speisen zum Frühstück, zum Mittag, zum Abend, aber auch für zwischendurch… Smart Ones heissen die Gerichte, die man nur in die Mikrowelle schieben muss.

Tests von Ernährungsfachleuten sind grundsätzlich positiv, was den Geschmack und die Aufmachung betrifft. Bei den Rezepturen bestehe noch Verbesserungspotenzial, wird moniert… aber daran arbeiten die Anbieter wohl noch. Die Mahlzeiten sind mit den WeightWatchers-PointsPlus bewertet und können so in einen bestehenden Ernährungsplan integriert werden. Auch wenn man sich nicht täglich auf diese Weise verpflegen will, so besteht mit solchen Produkten doch die Möglichkeit, sich eine kleine, haltbare Reserve anzulegen, auf die sich immer zurückgreifen lässt, wenn die Laune mal nicht nach Kochen steht oder schlicht die Zeit fehlt.

Ich bin gespannt, wann diese Angebote auch bei uns in die Regale kommen, oder ob es dazu erst einen europäischen Hersteller braucht… denn einige der Menüs sind von der US-Esskultur geprägt und allenfalls gewöhnungsbedürftig.




2/11  Wie der Bundesrat

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:42

Das Lokal, in dem wir zu Abend speisten, habe einst unsere Landesregierung in corpore verköstigt, sagte man uns, damals, als noch Joseph Deiss im nationalen Amte war. Wir sind also in Fribourg, am Vorabend des 23. Schweizer Stiftungstags, einer Fachtagung für all jene, die eine Stiftung mit gemeinnütziger Zielsetzung vertreten.

Am Nachmittag war Vorstandssitzung gewesen, das gemeinsame Abendessen war wohlverdient. Allerdings stellte es uns auch auf eine kulinarische Geduldsprobe, denn es dauerte mehr als drei Stunden, von der ersten Bestellung bis zum Café als Abschluss. Beim Bundesrat mochte das noch angehen, der konnte in der Zwischenzeit gemächlich das Land regieren, damals, als der Proporz noch kein Thema war.

Aber schliesslich war alles zu unserer Zufriedenheit verlaufen, die Abfolge der Speisen geschmackvoll gewählt, jeder Gang vom Feinsten, nicht zu viel, gerade eben magistral bekömmlich, so dass wir beruhigt dem morgigen Tag entgegenschlummern können.




1/11  Abnehmen? – Immer!

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 16:07

Wer unzählige Versuche hinter sich hat, abzunehmen, und wer dabei imemr wieder gescheitert ist, der läuft Gefahr, zu resignieren. Ich bin nun mal dick… überschrieb der populäre Schauspieler Rainer Hunold sein amüsantes Buch, in dem er darlegt, wie er sich mit seinem Übergewicht arrangiert hatte.

In einem Bundesgerichtsurteil (im Zusammenhang mit der Weigerung einer Krankenkasse, die Kosten für die Bypass-Operation bei einem älteren Patienten zu übernehmen) wurde sinngemäss gesagt: wenn jemand trotz Adipositas über 60 Jahre alt geworden sei, dann sei die Wahrscheinlichkeit gering, dass er im späteren Alter noch an deren Folgen sterbe…

Dies ist offenbar Unsinn, wie eine Langzeit-Studie der Harvard-Universität an über 19’000 Probanden wahrend mehr als 50 Jahren nun gezeigt hat. Zum Abnehmen ist es nie zu früh und nie zu spät! In mehreren Wellen wurden die Studienteilnehmer mit 18 Jahren erstmals vermessen und erfasst, dann während eines halben Jahrhunderts periodisch kontrolliert und deren Todesursachen dem individuellen Gewicht zugeordnet…

Dabei zeigte sich, dass länger lebte und gesünder war, wer in jungen Jahren schon erfolgreich abgenommen hatte… dass aber das Risiko, an einer Herzkreislauf-Erkrankung vorzeitig zu sterben, sich in jeder Altersgruppe verminderte, wenn das Gewicht reduziert werden konnte. – Mit andern Worten: es ist nie zu spät, um abzunehmen! Das Wohlbefinden und die Lebensdauer werden’s lohnen!




31/10  7 Milliarden

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 15:53

Die Weltbevölkerung würde zunehmen, auch wenn sie nicht zunähme… aber das Wortspiel macht nicht so recht Freude, denn es illustriert den Tatbestand, dass unsere Erde sowohl zahlen- wie auch mengenmässig übervölkert zu sein scheint.

Dieser Tage wurde der 7-milliardste Erdenbürger geboren. Nahrung wäre für alle und noch mehr vorhanden, sagen uns die Experten, wenn es nur gelänge, sie gerecht auf der ganzen Welt zu verteilen. Niemand müsste Hunger haben, wenn es keine Kriege gäbe und kein Unrecht… aber wir leben nun mal nicht in einer perfekten Welt.

Als Spielerei macht eine BBC-Website die Runde: auf dieser Seite kann man berechnen, der wievielte Mensch man seinerzeit bei der eigenen Geburt gewesen ist. Die meine fand vor etwas über 70 Jahren statt… und meine Erdbewohner-Nummer lautet:

2’316’046’736

Seit damals hat sich die Bevölkerung also verdreifacht. Zumindest bezüglich ihrer Anzahl. Keine Angaben gibt es darüber, um wieviel das gesamte Körpergewicht der Menschheit in diesem Zeitraum „zugenommen“ hat. Wie lange kann/wird das so weiter gehen? Im Deutschunterricht lasen wir einst die Erzählung von Tolstoi: Wieviel Erde braucht der Mensch? – Die Frage wäre wohl anders herum zu stellen: Wieviele Menschen braucht die Erde?




30/10  BMI-Geschichten

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 23:38

Mit Spannung habe ich heute Morgen das auflagenstärkste SonntagsBlatt in die Hand genommen: unter der Woche hatte eine Journalistin alles wissen wollen über die Magenoperationen zur Gewichtsreduktion. Ich hatte ihr geduldig die Zusammenhänge und Hintergründe erklärt, hatte ihr weitere Gesprächspartner und Auskunftspersonen genannt und am Schluss auch meine Zitate autorisiert… und nun war die Spannung natürlich gross, was denn effektiv im Blatt stehen würde.

Der Bericht war sehr korrekt und informativ abgefasst und ich fand es bemerkenswert, dass sich ein Boulevardblatt die Mühe nimmt bzw. gibt, ein so ernsthaftes Thema aus dem Gesundheitswesen seriös aufzuarbeiten. – Für einen unschönen Kontrapunkt sorgte allerdings der liebe stellvertretende Herr Chefredaktor. In seinem Editorial nahm er die Thematik auf und mokierte sich darüber, dass auf der Webseite von Gesundheitsförderung Schweiz ein BMI-Rechner ihm beim Wert von 25,6 den Befund „leichtes bis mittleres Übergewicht“ attestiert hatte und vor möglichen gesundheitlichen Gefahren warnte…

Dass diese Formulierung die ganze Spanne von BMI 26 bis 30 abdeckte, also bis hin zur ausgeprägten Adipositas, verschwieg er tunlich… und stellte aufgrund seiner eigenen (mutwilligen?) Fehlinterpretation die ganzen Aktivitäten von Gesundhetsförderung Schweiz in Frage. Es sei, schrieb er, durch „etliche Studien die faule BMI-Formel längst als Schabernack entlarvt“. Das stimmt natürlich so auch nicht. Die BMI-Formel kann dort ungenau sein, wo – z.B. beim Body Builder – Muskelmasse im Übermass antrainiert wurde… aber das ist nicht das Gros der Bevölkerung. Klar gibt die Messung des Bauchumfangs auch einen Indiktor über dei gesundheitlichen Risiken, aber für die weltweiten Statistiken und Vergleiche ist die BMI-Skala der Weltgesundheitsorganisation bis jetzt noch immer die Standard-Masseinheit. Auch einem Boulevard-Journalisten-Hirn müsste eigentlich einleuchten, dass solche Werte in der Praxis mit dem gesunden Menschenverstand zu interpretieren sind.

Der Bericht selber ist sauber recherchiert. Er zeigt die Probleme auf, die sich momentan ergeben aus der Tatsache, dass die gelockerten Bedingungen für die Kostengutsprache der Krankenkasse zu einem (nicht in diesem Ausmass erwarteten) Ansteig der Operationszahlen geführt haben, und damit zu Engpässen in verschiedenen Kliniken. Dass diese Thematik zur Sprache kommt, ist verdienstvoll. – Was mir allerdings zu denken gibt: eingebaut in den Bericht ist eine Online-Leserbefragung. Ist es richtig, dass die Krankenkassen die Magen-Bypass-Operationen bezahlen? – Und wie antwortet der Boulevard-Leser am Sonntag? Genau fifty-fifty! 50% antworten mit JA und 50% mit NEIN. Kommt hier wieder die Verachtung dem fettleibigen Patienten gegenüber zum Ausdruck? Wurde mit diesem Bericht einmal mehr Neid und Missgunst geschürt, die sich von alten Vorurteilen nähren, obwohl wir diese mit der Zeit als überwunden glaubten? Der Kampf muss weitergehen. Mit lächerlichen BMI-Sottisen à la Editorial ist aber niemandem geholfen.




29/10  Süsse Summe

Kategorie: Allgemein    Von Heinrich von Grünigen um 21:57

Noch haben wir in guter bzw. schlechter Erinnerung, wie die Tabakindustrie während Jahrzehnten mit gekauften Studien jeden Zusammenhang zwischen Tabakkonsum und Lungenkrebs zu verwischen versuchte. Erst das massive Vorgehen der Gesundheitsbehörden in den westlichen Ländern brachte ein Umdenken und schliesslich die Umkehr.

Bahnt sich nun etwas Vergleichbares im Sektor Zucker an? – Allgemein gilt in Kreisen der Adipositasforschung als anerkannt, dass der hohe Konsum von mit Zucker gesüssten Getränken eine der wesentlichen Ursachen ist für Übergewicht, sei es bei Kindern oder bei Erwachsenen. Das Verbot von Getränkeautomaten mit gesüsster Limonade in Schulhäusern ist heute eine anerkannte Methode zur Adipositasprävention und die Schweizer Stiftung Gesundheitsförderung hat eine Schwerpunktaktin in der Pipeline, mit der das Trinken von Hahnenwasser anstelle von Süssgetränken aktiv gefördert werden soll.

Und nun liest man, dass in einer aktuellen Studie – die interessanterweise von CocaCola finanziert wurde – methodische Kritik an den bisherigen Untersuchungen zu diesem Thema geübt wird. Die Studien, die einen Zusammenhang zwischen Süssgetränken und Übergewicht, Diabetes oder Herzkreislauferkrankungen nachgewiesen hatten, seien nicht seriös genug, wiesen methodische Mängel auf und seien deshalb nicht glaubwürdig… Entbrennt nun ein Expertenstreit an der Zuckerfront?

Dabei ist die Sache doch selbst für Laien nachvollziehbar: bekannt ist die Anzahl der Stücke Würfelzucker bzw. die Gramm Zucker, die einem Süssgetränk beigefügt sind. Diese Zuckermenge mal die Anzahl der Liter, die pro Tag getrunken werden, ergibt die Zahl der „flüssigen Kalorien“, die durch das Trinken aufgenommen werden. Und diese Kalorien erhöhen den Tageskonsum, da sie meist zusätzlich zu den Kalorien aus der Nahrung aufgenommen werden, ohne dass sie sattt machen würden…

Es ist also einfach eine Summe unter dem Strich. Das kann man sogar im Kopf rechnen. Dazu braucht es keine Meta-Analyse und keine methodologische Diskussion unter Forschern. Die Getränkefabrikanten würden ihre Energie besser in die Kreation von kalorienfreien Flüssigkeiten stecken als in die Flaschen und in solche „Studien“.